8. März 2017

Anhaltendes Gerechtigkeitsgap zwischen den Geschlechtern

Frauen tragen weltweit massiv zum Wohlstand bei, ohne selbst in angemessenem Umfang davon zu profitieren. Das zeigt der Bericht „An economy that works for women“, den die internationale Nothilfe- und Entwicklungsorganisation Oxfam im zum heutigen Internationalen Frauentagherausgebracht hat. Der Bericht (>>> An Economy That Works For Women) belegt eine skandalöse Gerechtigkeitslücke zwischen den Geschlechtern. In drei Bereichen halten die AutorInnen die Notwendigkeit für Veränderungen für besonders groß:

● Der Bericht hebt erstens hervor, dass überwiegend Frauen in unterbezahlten und prekären Arbeitsverhältnissen tätig sind: In der Textilindustrie in Myanmar und Vietnam etwa arbeiten Frauen bis zu 18 Stunden täglich, ohne sich und ihre Familien davon ernähren zu können. Der Profit ihrer Arbeit geht an Milliardäre wie Zara-Besitzer Amancio Ortega oder H&M-Besitzer Stefan Persson, die zu den reichsten Männern der Welt gehören.

Zweitens leisten Frauen den Großteil unbezahlter Pflegearbeit: Den volkswirtschaftlichen Wert unbezahlter Pflegearbeit beziffert die OECD auf 10 Billionen US-Dollar pro Jahr. Das entspricht etwa den Bruttonationaleinkommen Deutschlands, Großbritanniens, Frankreichs und Kanadas zusammen. Länderabhängig erbringen Frauen davon zwei- bis zehnmal mehr als Männer.

Drittens werden Frauen in Gesellschaft und Arbeitsleben in Bezug auf Organisation und Mitbestimmung systematisch benachteiligt: Scheinbar geschlechtsneutrale wirtschaftliche Entscheidungen gehen de facto oft zu Lasten von Frauen. Zugleich ist es für Frauen durch die Doppelbelastung von Hausarbeit und oftmals prekären, informellen Arbeitsverhältnissen schwerer, schlagkräftige Interessenvertretungen zu gründen.

Charlotte Becker, Expertin für Gleichstellungspolitik bei Oxfam Deutschland, erklärt: „In den vergangenen Jahren wurde viel darüber geredet, was Frauen für die Wirtschaft tun können – aber kaum, was die Wirtschaft für Frauen tun kann. Fakt ist: Nach wie vor haben Frauen weltweit ein höheres Armutsrisiko als Männer. Im Durchschnitt sind Berufsfelder, in denen vorrangig Frauen arbeiten, schlechter abgesichert und schlechter bezahlt. Auch in Deutschland klafft eine riesige Gerechtigkeitslücke: Fast nirgends sonst in der EU verdienen Frauen im Verhältnis zu Männern im Durchschnitt so wenig. Häufig bleibt die Arbeit von Frauen ganz unbezahlt, wie das Beispiel der familiären Pflege- und Sorgearbeit zeigt. Das verlangt nach einer wirtschaftspolitischen Kehrtwende.“

Anlässlich des Weltfrauentages fordert Oxfam:
* menschenwürdige Arbeit für alle, einschließlich angemessener Löhne sowie sicherer Arbeits- und Beschäftigungsbedingungen;
* Investitionen in Gesundheits- und Betreuungssysteme, die die Notwendigkeit unbezahlter Pflegearbeit reduzieren, und zugleich zur Anerkennung und Neuverteilung dieser gesamtgesellschaftlichen Aufgabe beitragen;
* die Unterstützung von Fraueninitiativen in allen Bereichen von Politik, Wirtschaft und Gesellschaft weltweit, denn sie sind es, die letztlich viele Errungenschaften für mehr Geschlechtergerechtigkeit erkämpft haben.

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