22. Januar 2017

Davos: Optimistisch sind nur die Banker

Die Skepsis gegenüber Trump war in Davos nicht ganz so ubiquitär, wie es den Anschein haben mag. Auf einem Panel formulierten Spitzenbanker aus den USA und Europa ihre Zuversicht, dass das regulatorische Pendel beginnt zurückzuschwingen. Nach all den Jahren in Sack und Asche seit der Finanzkrise waren sie sicher, dass sich das Umfeld für Bankgeschäfte schon bald aufhellen werde. Die Bankwelt wartet ungeduldig auf das Rollback, das der neue US-Präsident an der Regulierungsfront versprochen hat. Vor allem der Dodd-Frank Act, die Volcker Rule und Basel IV sind vielen ein Dorn im Auge. Einige Beispiele:

* Brian T. Moynihan von der Bank of America Corporation hofft fest auf die Erholung des Finanzsektors, wenn die Niedrigzinsphase einmal vorüber sein wird und die Effizienzgewinne der digitalen Transformation in den Banken greifen.

* Antonio Horta-Osório von der Lloyds Banking Group in London sieht sogar angesichts des Brexits rosige Zeiten für den Finanzplatz London angesichts der vielen „Talente“ und der speziellen Infrastruktur, die man dort finde.
* Mary Callahan Erdoes von JPMorgan Chase aus den USA beklagte sich bitter über den bürokratischen Aufwand, der für die Banken mit den Dodd-Frank-Bestimmungen verbunden ist und hofft auf ein wirtschaftsfreundlicheres Umfeld unter der Trump-Administration. Schließlich seien im neuen Kabinett 50 % Leute mit „Wirtschaftserfahrung“ vertreten (im Gegensatz zu 10% unter Obama) – ein Euphemismus für das neue Gruselkabinett.

So optimistisch die Banker, so zuversichtlich die Politiker Asiens, die das chinesische Plädoyer für eine differenziertere Sicht der ökonomischen Globalisierung in Davos gerne annahmen. Die Zukunft werde multipolar sein, ohne dass eine einzige Supermacht die Führungsrolle beanspruchen könnte, so der Konsens eines Panels, an dem Politiker aus Malaysia, Singapur und China teilnahmen. China, Indien und die ASEAN-Staaten werden eine Schlüsselrolle in der globalen Integration von Wirtschaft und Handel spielen. Stichworte waren hier das Scheitern von TTP, die China bewusst ausschloss, die neue, von China initiierte Regionale Umfassende Wirtschaftliche Partnerschaft (RCEP) oder die Chinesische Seidenstraßeninitiative. Einig war man sich jedenfalls, dass in der neuen Weltordnung die USA und Europa die Macht stärker mit Asien teilen müssten. Wenn sich die USA nach innen zurückziehen, und dies in einer Zeit derartiger Initiativen, dann werden sie sich selbst am meisten schaden, warnte in Davos Nouriel Roubini von der New York University, der als einer der wenigen Ökonomen die jüngste Finanzkrise vorausgesagt hat.

So optimistische die Banker angesichts der bevorstehenden Deregulierungswelle, so pessimistisch die meisten anderen Wirtschaftsmagnaten angesichts der unter Trump heraufziehenden protektionistischen Gefahren. Und so fand hinter den Kulissen des Weltwirtschaftsforums diesmal keine Versammlung der Handelsminister statt, die den baldigen Abschluss der Doha-Entwicklungsrunde der WTO versprachen. Dafür gab es einen Aufruf an die G20, dafür zu sorgen, dass das Wirtschaftswachstum künftig inklusiver verläuft und der Protektionismus zurückgewiesen wird. Dies trifft sich mit der deutschen Bundeskanzlerin Merkel, die schon vor dem WEF angekündigt hatte, sie werde Handelsbarrieren zum Thema der deutschen G20-Präsidentschaft machen. Die Frage ist nur, ob dies den Neuen im Weißen Haus irgendwie beeindrucken wird.

Merkel fuhr übrigens in diesem Jahr erneut nicht nach Davos. Warum eigentlich nicht, wo Deutschland doch den nächsten G20-Gipfel ausrichten wird? Ein aufgeschlosseneres Publikum für eine offene Welthandelsordnung als dort hätte sie nicht finden können.

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