26. Juli 2016

Finanzministerium torpediert Aktionsplan Wirtschaft und Menschenrechte

Am kommenden Donnerstag treffen sich die Staatssekretäre der Bundesministerien zur Abstimmung über den Entwurf des deutschen Aktionsplans für Wirtschaft und Menschenrechte. Anlass der Runde ist die massive Verwässerung des Entwurfs durch das Bundesfinanzministerium. Amnesty International, Brot für die Welt, Germanwatch und MISEREOR befürchten ein substanzloses Papier. Der NGO-Dachverband VENRO fordert von Bundeskanzlerin Merkel, Menschenrechte über Profit zu stellen und einen für Unternehmen verbindlichen Nationalen Aktionsplan (NAP) für Wirtschaft und Menschenrechte aufzustellen. 

Wie aus gut informierten Kreisen verlautet, soll nach dem Willen des Finanzministeriums nur eine völlig unverbindliche Empfehlung ausgesprochen werden, dass Unternehmen ihre menschenrechtliche Verantwortung wahrnehmen. Die Zielvorgabe, dass bis 2020 die Hälfte der großen Unternehmen menschenrechtliche Sorgfaltsprozesse eingeführt haben sollen, habe das Ministerium gestrichen. Auch die Erwägung gesetzlicher Maßnahmen für den Fall, dass zu wenige Unternehmen bis 2020 Prozesse zur menschenrechtlichen Sorgfalt eingerichtet haben, will das Finanzministerium nicht akzeptieren. Es fordert stattdessen, die für Unternehmen durch den Aktionsplan eingetretenen Belastungen zu überprüfen.

Hatte der bisherige Entwurf immerhin für Unternehmen im Eigentum des Bundes die Einführung einer verbindlichen menschenrechtlichen Sorgfaltspflicht vorgesehen, will das Finanzministerium lediglich den möglichen Bedarf einer Empfehlung prüfen. Verbindliche Menschenrechtsauflagen werden auch als Bedingung für öffentliche Aufträge und die Außenwirtschaftsförderung abgelehnt. Überdies stellt das Ministerium die Umsetzung des gesamten Aktionsplans unter einen allgemeinen Finanzierungsvorbehalt.

Im September will die Bundesregierung den NAP verabschieden und damit die Leitprinzipien der Vereinten Nationen für Wirtschaft und Menschenrechte national umsetzen. Anfang Juni hatten sich die Staatsekretäre der fünf beteiligten Ressorts auf einen Entwurf geeinigt, der bereits weit hinter den Erwartungen der NGOs zurückblieb. Jetzt will das BMF aus dem bisherigen Entwurf des NAP offenbar alle Spuren von Verbindlichkeit tilgen. So lehnt das BMF bereits den Begriff der „menschenrechtlichen Sorgfaltspflicht“ ab. Überdies stellt das BMF die gesamte Umsetzung unter einen Finanzierungsvorbehalt. - Auf Initiative der Bundesregierung hatte der G7-Gipfel in Elmau 2015 die Privatwirtschaft explizit noch „dringend aufgerufen“, ihre menschenrechtliche „Sorgfaltspflicht“ einzuhalten. Die Bundeskanzlerin hatte sich persönlich für das Thema eingesetzt und die Erstellung substanzieller Nationaler Aktionspläne begrüßt.

Die beteiligten Organisationen unterstützen eine Online-Kampagne für einen Aktionsplan mit gesetzlichen Regelungen >>> https://www.openpetition.de/petition/online/menschenrechte-vor-profit

18. Juli 2016

MigrantInnen: Die Reichen tun zu wenig

Die sechs größten Volkswirtschaften, die die Hälfte der globalen Wirtschaftskraft ausmachen, nehmen weniger als 9% der weltweiten Flüchtlinge auf. Der Großteil findet in wirtschaftlich sehr viel schwächeren Ländern Zuflucht. Darauf weist die internationale Nothilfe- und Entwicklungsorganisation Oxfam hin und fordert von den großen Volkswirtschaften, deutlich mehr Menschen aufzunehmen und einen effektiven Schutz von Flüchtlingen zu gewährleisten.


Oxfams Analyse (>>> A poor welcome from the world’s wealthy) zufolge beherbergen die Vereinigten Staaten, China, Japan, Deutschland, Frankreich und Großbritannien insgesamt nur 2,1 Millionen Flüchtlinge (8,8% der rund 24 Millionen von den Vereinten Nationen offiziell registrierten Flüchtlinge und Asylbewerber). In scharfem Kontrast dazu steht die Aufnahmebereitschaft sechs deutlich ärmerer Länder: Jordanien, Türkei, Pakistan, Libanon, Südafrika und die besetzten palästinensischen Gebiete machen zusammen weniger als zwei Prozent der globalen Wirtschaftskraft aus, gewähren aber über 50% aller weltweit registrierten Flüchtlingen und Asylbewerbern Zuflucht (s. Grafik).


„Die wirtschaftlich Großen machen sich mehrheitlich ganz klein, wenn es um den Flüchtlingsschutz geht. Dieses verantwortungslose Versteckspiel muss ein Ende haben. Deutschland sticht unter den Wirtschaftsriesen zwar positiv hervor, könnte aber trotzdem erheblich mehr schutzbedürftige Menschen aufnehmen und andere Aufnahmeländer finanziell stärker unterstützen“, erklärt Robert Lindner, Referent für humanitäre Krisen und Konflikte bei Oxfam Deutschland.

Am 19. und 20. September finden in New York auf Einladung von UN-Generalsekretär Ban Ki Moon bzw. US-Präsident Obama zwei Gipfel statt, die Antworten auf die Herausforderungen aus den weltweiten Flucht- und Migrationsbewegungen geben sollen. Mit einer internationalen Kampagne wird Oxfam Regierungen dazu drängen, sich ihrer humanitären Verantwortung endlich zu stellen. Die Nothilfe- und Entwicklungsorganisation fordert ein koordiniertes Vorgehen und eine gemeinsame Übernahme von Verantwortung durch reiche Staaten, um einen effektiven Schutz von Flüchtlingen zu gewährleisten. Zudem braucht es deutlich mehr finanzielle Unterstützung für Entwicklungsländer, die einem Großteil der Flüchtlinge Schutz gewähren. 86% werden von Staaten aufgenommen, die selbst große Probleme haben, die Grundbedürfnisse ihrer Bevölkerungen zu befriedigen.