26. Mai 2016

G7: Vom Direktorat der Weltwirtschaft zur politisch-strategischen Plattform des Westens

Die Lage der Weltwirtschaft mag das wichtigste Thema des G7-Gipfels sein, der heute und morgen auf der südjapanischen Insel Kashikojima stattfindet. Doch gehört nach dem Finanzministertreffen am letzten Wochenende nicht viel Prognosetalent zu der Vorhersage, dass gerade auf diesem Gebiet die Ergebnisse am dürftigsten sein werden. Zwar will der japanische Gastgeber und Erfinder der ‚Abenomics‘ gerne die Einigung auf ein globales fiskalisches Programm der Konjunkturankurbelung, und auch die US-Regierung hat den Mangel an Nachfrage längst als Hauptgrund für den schleppenden Verlauf der weltwirtschaftlichen Erholung erkannt. Aber gerade Deutschland, das den größten Beitrag zu einem solchen Stimulus leisten könnte, blockiert und propagiert stattdessen lieber „Strukturreformen“. Und so dürfte das höchste der Gefühle sein, „ein Bekenntnis zur Nutzung aller politischen Instrumente – geld-, fiskal- und strukturpolitischen“ abzugeben, wie in dem jetzt endlich veröffentlichten „Chair’s Summary“ der Finanzminister.


Welche Funktion die Gruppe der 7 noch hat, nachdem sich die Gruppe der 20 zum zentralen Forum der weltwirtschaftlichen Koordinierung erklärt hat, ist nicht ganz klar auszumachen. Als Plattform zur Wiederbelebung der globalen wirtschaftlichen Kooperation jedenfalls ist sie seit langem zu klein und wirtschaftlich zu unbedeutend. Als Direktorat der Weltwirtschaft hat sie ausgedient. Allein China bringt mit seiner Wirtschaftsleistung mehr auf die Waage als Großbritannien, Frankreich und Italien zusammengenommen, ist aber – ebenso wie Indien – in Japan gar nicht dabei. Und so schieben sich immer mehr politisch-strategische und sicherheitspolitische Fragen in den Vordergrund der G7-Treffen. Dabei hätte es durchaus Möglichkeiten zur Beteiligung der Chinesen in Ise-Shima gegeben - etwa als Partner, der in diesem Jahr immerhin die G20-Präsidentschaft hält. Aber nicht einmal zu dem traditionellen Outreach-Treffen am zweiten Gipfeltag ist Peking eingeladen.

In Japan geht es auf Drängen der Gastgeber eher um die gemeinsame Positionierung gegen China, z.B. in der Frage der maritimen Sicherheit im südchinesischen Meer. Gegenüber Russland dürfte das Dauerthema der Ukraine und der Krim hochgehalten werden. Als politisch-strategische Plattform der ‚lupenreinen westlichen Demokratien‘ lebt die G7 also fort. Dazu gehört auch ihre Rolle als Instrument des Zusammenhalts: Sehr frisch ist noch in Erinnerung, dass sich G7-Mitglieder wie Großbritannien und Deutschland an der Gründung der neuen Asiatischen Infrastruktur-Investitionsbank (AIIB) in Peking beteiligt haben – sehr zum Ärger Washingtons. Und so sind denn die Wiederaufrichtung der Gruppe der 7 seit dem Rauswurf Russlands und vor allem die G7-Gipfel mehr als ein Ritual oder ein Fototermin, das sich zu beobachten lohnt. W&E tut dies u.a. mit einer fortlaufend aktualisierten Dokumentation (>>> Rolling Documentation: G7-Gipfel in Japan) und durch die Kommentierung des Gipfels in diesem Blog.

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