26. April 2016

Vergebliches Trommeln in Sachen TTIP

Obama und Merkel machen Druck für einen schnellen Abschluss des Abkommens über Transatlantische Handels- und Investitionspartnerschaft (TTIP). Allein es fehlt der Glaube. Und dies nicht nur, weil am letzten Samstag erneut Zehntausende in Hannover auf die Straße gingen und dem US-Präsidenten einen würdigen Empfang bereiteten. Solange nahezu wöchentlich neue Enthüllungen darüber herauskommen, wohin TTIP die EU und die USA führen wird, ist an einen Abschluss der Verhandlungen, die in dieser Woche in New York fortgesetzt werden, nicht zu denken, schon gar nicht bis zum Ende dieses Jahres.


Ein Beispiel: In einem Ende März veröffentlichten Vorschlag hat die EU-Kommission die Regeln zur regulatorischen Kooperation zwischen der EU und den USA unter TTIP nochmals ausgeweitet. Der Entwurf würde US-Behörden das Recht einräumen, jegliche neue EU-Gesetze noch vor Beginn des regulatorischen Prozesses zu kontrollieren – noch bevor er dem EU-Parlament und dem Ministerrat vorgelegt wird. Außerdem bestätigt die Kommission in der Vorschlag das Prinzip der gegenseitigen Anerkennung, wonach US-Produkte auf den europäischen Markt kommen können, die nicht mit EU-Regeln im Einklang stehen.

Ein zweites Beispiel: Erst letzte Woche veröffentlichten Greenpeace, Corporate Europe Observatory (CEO) und Genewatch bislang unter Verschluss gehaltene Dokumente der EU-Kommission, die beweisen, dass die US-Regierung erheblichen Druck auf die EU-Kommission ausübt, um neue gentechnische Verfahren für die Veränderung von Pflanzen und Tieren nicht den strengeren EU-Gentechnikregeln zu unterwerfen. Seit Ende 2015 hat die EU-Kommission ihre rechtliche Einschätzung immer wieder verschoben. Aus den Dokumenten geht hervor, dass die neuen Verfahren vermutlich als Gentechnik eingestuft worden wären. Gentechnik, Regulierungen und Kennzeichnungen bilden einen zentralen Streitpunkt in den Verhandlungen über TTIP. Aus den Dokumenten geht hervor, dass die EU ihre Gesundheits- und Umweltschutzmaßnahmen für GMOs ignorieren soll, um den Weg für ein transatlantisches Handelsabkommen zu ebnen.

Nach dem Willen der USA und mächtiger Gentechnikkonzerne wie Monsanto, Cibus oder Dow DuPont soll sich die EU den US-Standards anpassen. Die Konzerne argumentieren, dass diese neuen, direkten Methoden, um die genetische Zusammensetzung von lebenden Organismen zu manipulieren, nicht in den Anwendungsbereich der europäischen GMO-Vorschriften fallen würden. Die Folge: Die neuen GMOs und die daraus hergestellten Produkte würden keiner Risikobewertung, Kennzeichnungspflicht oder Überwachung unterliegen.

Gentechnik, Konsumstandards und Investitionsrecht sind bei weitem nicht die einzigen Streitpunkte, um die es bei TTIP geht. In einer neuen Hintergrund-Ausgabe (s. Abbildung) hat der Informationsbrief Weltwirtschaft & Entwicklung jetzt herausgearbeitet, wie durch TTPP (aber auch durch das transpazifische Gegenstück TPP) global gültige Standards für die Handelsordnung der Zukunft durchgesetzt werden sollen. Unter die Räder geraten dürfte dabei – ironischerweise – nicht zuletzt die multilaterale Welthandelsorganisation (WTO) >>> W&E-Hintergrund April 2016.

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