18. April 2016

Neuer Griechenland-Showdown?

Tsipras und Lagarde
Sollte irgendjemand gedacht haben, die Kapitulation der Regierung Tsipras vor den europäischen Gläubigern im letzten Sommer sei das Ende der Griechenland-Krise, dürfte schon bald eines Besseren belehrt werden. Der nächste Griechenland-Showdown steht im Vorfeld der Juli-Deadline an, wenn Athen wieder eine neue Tranche aus dem aktuellen „Rettungspaket“ braucht, weil erneut Milliarden Euros an Schulden fällig werden. Doch diesmal dürften sich nicht Griechenland und die Schuldner gegenüberstehen, sondern die Europäische Union und der Internationale Währungsfonds (IWF). Wie das?

Der IWF ist dem aktuellen Bail-out bis heute nicht beigetreten, weil er erhebliche Bedenken hat, dass dieses Programm Griechenland in die Schuldentragfähigkeit führt. Für völlig unrealistisch hält man in Washington beispielsweise das Athen aufgezwungen Ziel eines Primärüberschusses (Überschuss vor Bezahlung der Schulden) im griechischen Haushalt von 3,5%, das bis 2018 erreicht werden soll. Dies sei nur „unter heroischen Opfern“ des griechischen Volkes leistbar und das auch nur kurzfristig, bemerkte IWF-Chefin Christine Lagarde am Rande der Frühjahrstagung von IWF und Weltbank und bekräftigte, dass der Fonds ohne einen weiteren Schuldenschnitt sich künftig nicht mit finanziellen Beiträgen an der Troika beteiligen wird.

Für Aufsehen sorgte kürzlich auch der Wikileaks-Mitschnitt einer Telefonkonferenz hochrangiger IWF-Mitarbeiter, in der diese ihrem Unmut über die mangelnden Zugeständnisse der Europäer in Sachen Schuldenschnitt freien Lauf ließen und darauf spekulierten, die Europäer würden sich ohnehin immer erst kurz vor der Pleite Griechenlands bewegen. Von der griechischen Regierung wurde dies dahingehend interpretiert, der Fonds würde im Falle Griechenlands auf ein „Kreditevent“ (im Jargon steht das für Kreditausfall) setzen bzw. wolle das Land an den Rand des Bankrotts treiben. Was Lagarde umgehend in ungewöhnlich schroffer Form zurückwies.

Warum will dann die griechische Regierung den IWF am liebsten ganz aus dem Land haben, wo er doch in der Frage eines Schuldenschnitts (den Schäuble am Wochenende erneut als „unnötig“ ablehnte) ein Bündnispartner ist? So einfach, wie diese Frage unterstellt, ist der Allianzverlauf freilich nicht. Denn seit einiger Zeit sagen IWF-Leute, Griechenland brauche zur Erreichung der Schuldentragfähigkeit eine Rentenreform, was auf weitere soziale Einschnitte bei einer Gruppe hinausläuft, die schon bisher dramatische Opfer zu erbringen hatte. Es spricht also einiges grundsätzlich dafür, dass sich der IWF aus Griechenland zurückzieht. Dies übrigens auch aus europäischer Sicht, wie Gustav Horn vom IMK-Institut der Hans-Böckler-Stiftung kürzlich darlegte (>>> hier). Da dies aber vor allem in Berlin als nicht opportun gilt, wird das Ganze wahrscheinlich darauf hinauslaufen, dass sich der Fonds mit finanziellen Beiträgen verabschiedet, aber als „technischer Berater“ mit dabei bleibt. Das war wohl gemeint, als Lagarde am Wochenende sagte, der Fonds werde in Griechenland trotz allem nicht von Bord gehen.

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