20. Dezember 2015

Ungewisse Zukunft der Doha-Runde, Ende der Agrar-Exportsubventionen, Widerstand gegen neue Themen

Den USA, der EU und Japan ist es bei der 10. Ministerkonferenz der WTO nicht gelungen, die Doha-Runde abzubrechen und neue Themen auf die Agenda zu setzen. Trotz großen Drucks vor allem von Seiten der USA, der dazu führte, dass die Konferenz im bei der WTO üblichen Drama um 30 Stunden verlängert werden musste, beharrte die große  Mehrheit der Entwicklungsländer darauf, an den Zwischenergebnissen der Doha-Runde festzuhalten. Die Ministererklärung enthält keine Kompromissformulierung, sondern beschreibt beide Positionen. Ein Weg, um die Verhandlungen fortzusetzen, soll daher erst nach der Nairobi-Konferenz gefunden werden. Bevor neue Themen verhandelt werden, müssen alle Mitglieder der WTO zustimmen.


Damit haben die Entwicklungs- und Schwellenländer verhindert, dass sich ein Szenario wie bei der Doha-Ministerkonferenz vor 14 Jahren wiederholt, als Investitionen, Wettbewerbsrecht und öffentliche Beschaffung gegen ihren Willen ins Verhandlungsmandat aufgenommen wurden – um dann nach dem Scheitern der Cancún-Ministerkonferenz 2003 auf Druck der Entwicklungs- und Schwellenländer wieder aufgegeben zu werden. In Nairobi wurde nicht offen darüber debattiert, welche neuen Themen verhandelt werden sollen – aus der EU Delegation wurde aber bestätigt, dass zumindest Investitionen dazu zählen.

● Sofortiges Ende der Exportsubventionen (mit Ausnahmen): Ein aus entwicklungspolitischer Sicht erfreuliches Ergebnis ist, dass das sofortige Ende der direkten Exportsubventionen für landwirtschaftliche Güter beschlossen wurde. Diese werden zwar seit Beginn des Jahrtausends zwar kaum noch eingesetzt. Viele Industriestaaten, voran die EU, könnten sie aber jederzeit wieder einzuführen, wenn auch zu hohen politischen Kosten. Dass dies nun rechtlich unzulässig ist, ist daher ein Fortschritt. Die WTO wäre nicht die WTO, wenn es von dieser Regel nicht ein paar Ausnahmen gäbe. So dürfen Kanada, Norwegen und die Schweiz, die einzigen Länder die derzeit direkte Exportsubventionen für Milchprodukte und verarbeitete Lebensmittel zahlen, dies bis 2020 weiter tun. Die EU darf die Zuckermarktordnung, die indirekt Exportsubventionen beinhaltet, bis 2017 beibehalten – wenn sie ohnehin auslaufen wird. Zusätzlich hat sich die EU auch noch das Recht gesichert, bis 2020 den Export von knapp 100.000 Tonnen Schweinefleisch zu subventionieren. Dass sie von diesem Recht Gebrauch machen wird, ist angesichts der andauernden Preiskrise auf dem EU Schweinefleischmarkt zumindest nicht auszuschließen. In fünf Jahren werden Exportsubventionen allerdings endgültig der Geschichte angehören.

Für andere Instrumente, mit denen Exporte gefördert werden, gibt es dagegen kaum Einschränkungen. Vielmehr wird die gegenwärtige Praxis der USA bei staatlichen Exportkrediten und Nahrungsmittelhilfe als zulässig festgeschrieben, und für staatliche Handelsunternehmen gibt es nicht viel mehr als den Appell, nicht handelsverzerrend zu agieren.

● Unverbindliche Versprechen für die LDCs: Neben dem verbindlichen Ende der Exportsubventionen wurden eine Reihe von Maßnahmen beschlossen, mit denen die am wenigsten entwickelten Länder unterstützt werden sollen. Weder die besseren Ursprungsregeln noch der bessere Zugang zu den Dienstleistungsmärkten der Industriestaaten sind rechtlich verbindlich. Zu anderen entwicklungspolitisch wichtigen Themen  wie einem Schutzmechanismus gegen stark steigende Importe und mehr Rechte für Entwicklungsländer, öffentliche Lager für Nahrungsmittel betreiben, gab es in Nairobi keine Beschlüsse. Die internen Agrarsubventionen der Industriestaaten, die aktuell sehr viel größere Effekte auf die Weltmärkte haben als die wenigen verbleibenden Exportsubventionen, standen nicht einmal zur Diskussion.

● Zukunft der Doha-Runde offen: Wie es mit der Doha-Runde weitergehen wird, ist nach dieser Ministerkonferenz offener denn je. Dass die Entwicklungs- und Schwellenländern bald weitreichenden Verhandlungen zu neuen Themen zustimmen, ist genauso unwahrscheinlich wie dass die USA die bestehenden Entwürfe als Grundlage für weitere Verhandlungen akzeptieren. Der ursprünglich vorgesehene gemeinsame Abschluss aller Abkommen ist nach Bali und Nairobi ohnehin schon aufgeweicht. Denkbar ist, dass in Zukunft plurilaterale Abkommen wie das in Bali verkündete zum Freihandel mit Informationstechnologie, und das angeblich schon fast zu Ende verhandelte zu Umweltgütern eine stärkere Rolle spielen. Dabei einigen sich die wichtigsten Im- und Exporteure einer Produktgruppe oder eines Sektors auf die weitgehende Öffnung der Märkte. Während nur die Länder, die dem Abkommen beitreten, daran gebunden sind, kommen die Zollsenkungen, zu denen sie sich verpflichten allen WTO-Mitgliedern zu Gute. Die WTO könnte damit eine, wenn auch begrenzte Verhandlungsfunktion beibehalten. Angesichts insgesamt schon niedriger Zölle und sonstiger Handelsschranken, ist weitere Liberalisierung auch nur für wenige Probleme die angemessene Lösung.  Und ob die WTO jemals zu einem Forum werden kann, in dem die notwendige Re-Regulierung der Weltwirtschaft verhandelt werden kann, ist jedoch mehr als fraglich.

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