16. Februar 2015

Griechenland: Showdown, Crash oder Weiterverhandeln?

Wer die Statements der meisten Finanzminister der Eurozone vor dem heutigen Treffen in Brüssel anhörte, konnte leicht den Eindruck bekommen, es laufe auf den endgültigen Zusammenstoß zu, nach dem Griechenland nur der „Grexit“ bleibt. Doch bei näherem Hinsehen gibt es eine Reihe von Szenarien, wie es nach dem Showdown weitergehen könnte. Die erste Möglichkeit ist eine Verlängerung des laufenden Bail-out-Programms über Ende Februar hinaus. Das ist das, was Brüssel und Berlin bislang wollten. Diese Möglichkeit wird jedoch immer unwahrscheinlicher. Das liegt daran, dass es das Euro-Establishment mit der neuen griechischen Regierung erstmals mit einem Akteur zu tun hat, der außerhalb des wirtschaftspolitischen Mainstreams der Eurozone steht und agiert. Eine Verlängerung des Bail-out-Programms hieße auch Verlängerung des damit verbundenen fiskalischen Austeritätsprogramms und der strukturellen „Reformen“, die gescheitert sind. Wenn  durch das Wahlergebnis irgendetwas bestätigt wurde, dann das.

Die zweite Möglichkeit wäre ein Überbrückungskredit, wie ihn der griechische Finanzminister fordert, um Spielraum zu schaffen zur Aushandlung eines neuen Vertrags zwischen Griechenland und seinen Gläubigern. Auch das ist unwahrscheinlich, denn damit würden die Gläubiger die von ihnen verordnete Austeritätspolitik nicht mehr als gesetzt ansehen können, sondern alles müsste neu verhandelt werden, wie es die griechische Regierung ja will. Das ist das, was vor allem Deutschland aus ideologischen Gründen nicht will, weil nicht sein kann, was nicht sein darf. Die dritte Möglichkeit ist dennoch, dass das derzeitige Programm Ende Februar ausläuft und die Verhandlungen zwischen Griechenland und seinen Gläubigern trotzdem weiterlaufen. (Rational ist es ohnehin nicht zu verstehen, warum von Griechenland verlangt wird, ein ohnehin auslaufendes Programm, das die Mehrheit der Bevölkerung ablehnt, zu verlängern.)

Die dritte Möglichkeit hätte den Vorteil, dass Griechenland an das alte Programm nicht mehr gebunden wäre und ein eigenes Reformprogramm entwickeln könnte; der Nachteil bestünde jedoch darin, dass dann über dem Land das Damoklesschwert der Zahlungsfähigkeit hinge und eine Staatspleite in gefährliche Nähe rückte. Die dann eintretende Situation ist jedoch nicht so aussichtslos, wie sie aussieht. Die Gläubiger könnten aus berechtigter Sorge vor einem „Grexit“ sich doch noch zu einem Überbrückungskredit bereitfinden und von der gescheiterten Politik der letzten fünf Jahre abrücken. Wenn sie sich weiter stur stellen, müsste Griechenland nicht vollständig aus dem Euro austreten (die europäischen Verträge sehen dies ohnehin ebenso wenig vor wie einen Ausschluss, über den viele schwafeln); es könnte vielmehr eine Parallelwährung in Form staatlicher Schuldscheine einführen, mit denen Renten und andere staatliche Leistungen bezahlt werden, und die Zahlungsunfähigkeit nur gegenüber den öffentlichen Gläubigern erklären. Nur im schlechtesten denkbaren Szenario – einem Unfall gleichsam – käme es zu einem „Grexit“. Dieser ist zwar nicht wünschenswert, wäre aber immer noch besser als eine Fortsetzung der bisherigen, gescheiterten Politik. 

Übrigens: Im Schuldenkrisenmanagement ist nichts unmöglich, auch nicht eine Streichung der Schulden beim IWF, was selbst Syriza nicht will. Es muss nur der politische Wille vorhanden sein. Beispiel: Die Schuldenerleichterung für die am meisten verschuldeten ärmsten Länder (HIPC) vor über zehn Jahren. Jahrelang hatten die Vertreter des Gläubiger-Establishments damit argumentiert, die Schulden bei den multilateralen Institutionen könnten nicht erlassen werden. Dann ging es plötzlich doch, weil die Mitgliedsländer Gegenfonds einrichteten, aus denen die Schulden bei IWF und Weltbank bedient wurden.

Keine Kommentare: