15. Januar 2015

Griechenland: Keine Angst vor dem Schuldenschnitt!

Das linke griechische Oppositionsbündnis Syriza gilt einem Großteil der etablierten Presse als so etwas wie die Ausgeburt des Populismus. Angeführt wird dabei immer wieder die Forderung der Partei nach einer Neuverhandlung des Bail-out-Pakets und einem neuen Schuldenschnitt für das von der Eurokrise gebeutelte Land. Doch die Erlassjahr-Bewegung in Deutschland und anderen westlichen Ländern argumentiert ganz ähnlich: „Die Schuldenreduzierung, die Griechenland 2012 von seinen privaten Gläubigern erhielt, kam zu spät und in viel zu geringem Umfang. Zwei Jahre später ist das Land stärker verschuldet als je zuvor“, so Jürgen Kaiser von erlassjahr.de, „Faire und unparteiisch geleitete Verhandlungen sind der einzige Weg aus dem Teufelskreis von unzulänglichen Entlastungen und neuer Kreditaufnahme herauszukommen.“

Nach Informationen der Financial Times beläuft sich die griechische Gesamtverschuldung derzeit auf 317 Mrd. € - das entspricht 177% des griechischen Bruttoinlandsprodukts (BIP), was die meisten Ökonomen für nicht tragfähig halten. Rund die Hälfte der dem Land unter dem Bail-out-Programm der Troika aus EU-Kommission, Europäischer Zentralbank und IWF gewährten Neukredite fließt direkt weiter in den Schuldendienst, um die privaten und öffentlichen Gläubiger zu bedienen. Um diesem Kreislauf aus ständiger Neuverschuldung und Krisenverstetigung zu entkommen, will Syriza nach einem Sieg bei den Wahlen am 25. Januar Neuverhandlungen mit den Gläubigern Griechenlands aufnehmen. Anstrebt wird ein neuer Schuldenschnitt, bei dem 30-50% der griechischen Schulden erlassen werden. Vorbild soll den Syriza-Ökonomen zufolge das Londoner Schuldenabkommen von 1953 sein, in dem der Erlass der Hälfte der deutschen Auslandsschulden bei mehr als 20 Gläubigerstaaten geregelt wurde, darunter bei Griechenland.

Erlassjahr.de hat jetzt in einer Fachinformation Eine „deutsche Lösung“ für Griechenland? die Praktikabilität einer solchen Regelung erläutert. 1953 war danach weniger die Höhe des (beträchtlichen) Schuldenerlasses von Bedeutung als vielmehr die qualitativen Elemente des Abkommens, wie die Regelung aller Schulden in einem einzigen Verfahren und die Verhandlung auf gleicher Augenhöhe. Die Rückzahlung von Schulden sollte zudem nur aus Handelsbilanzüberschüssen erfolgen. Im Fall von Zahlungsschwierigkeiten sah das Abkommen die Möglichkeit vor, ein Schiedsgericht anzurufen. Gegenüber dem Argument des mangelnden Realismus solcher Forderungen gibt erlassjahr.de zu bedenken, dass Griechenland nicht nur Bittsteller ist, sondern auch die Gläubiger im Falle einer ungeordneten Staatspleite einiges zu verlieren hätten. Hinzu kommt: Ein von den Entwicklungs- und Schwellenländern im letzten Jahr in der Vollversammlung der Vereinten Nationen angestoßener Prozess könnte Griechenland Rückenwind geben. Dieser sieht die Schaffung eines geordneten Verfahrens zur Bewältigung von Staatsschuldenkrisen vor. Griechenland könnte das erste Land sein, das von einer solchen Möglichkeit profitiert. Keine Angst also vor einem erneuten Schuldenschnitt für Griechenland!

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