20. November 2013

Klimagipfel: Senkung statt Steigerung der Ambitionen

Selbst notorische Optimisten haben es derzeit schwer. Die 0,7%-Skeptiker fahren ihre Ernte ein: Seit nunmehr zwei, wahrscheinlich bereits drei Jahren befindet sich die Öffentliche Entwicklungshilfe (ODA) der Industriestaaten erneut im Sinkflug, nominell wie real. Dabei wären angesichts des steigenden Finanzierungsbedarfs beim Klimaschutz drastische Steigerungen der Transferzahlungen von Nord nach Süd notwendig. Doch auch die Klimakonferenz, die derzeit in Warschau tagt und die eigentlich einen Prozess zur Steigerung des sog. Ambitionsniveaus anstoßen sollte, läuft im Rückwärtsgang. Dabei ist nicht nur Polen mit seinem unerträglichen Parallelgipfel zu „Klima und Kohle“ das Problem. Die Industrieländer kündigen gleich reihenweise die einmal eingegangenen Verpflichtungen auf:

Japan hatte zugesagt, seine Emissionen bis 2020 um 25% unter das Niveau von 1990 abzusenken. Jetzt will es seine Emissionen bis 2020 um 3% steigern. Als Entschuldigung dient die Schließung von Atomreaktoren nach der Fukushima-Katastrophe, deren Ausfall durch Kohle geschlossen werden soll. Dabei ist die Aufkündigung der im Kyoto-Protokoll hinterlegten Reduktionspflichten ein glatter Völkerrechtsbruch.

Australien sagte zu, es würde seine Emissionen bis 2020 um 25% gegenüber dem Niveau von 2000 verringern, wenn Länder wie Indien und China Minderungsverpflichtungen übernehmen. Doch jetzt will das Land seine Emissionen nur um 5% reduzieren.

● Auch die Europäische Union, der sog. Vorreiter in der internationalen Klimapolitik, geht nun hinter seine Verpflichtungen aus der Vergangenheit zurück. Unter dem Cancun-Abkommen hatte die EU zugesagt, ihre Emissionen bis 2020 um 20-30% unter das Niveau von 1990 zurückzufahren. Obwohl sie das Ziel von 20% bereits erreicht hat, ist sie nicht bereit, ihre Ambition zu steigern. Tatsächlich gibt es Anzeichen dafür, dass auch Deutschland plant, sein Ambitionsniveau und seine Energiewende abzuschwächen.

● Und die USA haben wie üblich entschieden, nicht viel zu tun und ihr Reduktionsziel bei 0-3% zu belassen.

Kein Wunder, dass die Entwicklungsländer angesichts dieses Roll-backs der Industrieländer ihre Gangart in Warschau deutlich verschärft haben. In der Nacht zu Mittwoch haben die Entwicklungsländer frustriert den zähen Verhandlungsmarathon über die künftige Bewältigung von Klimaschäden – in der Verhandlungssprache „loss and damage“ – abgebrochen.  Die Gruppe der G77 und China verließen zusammen mit den kleinen Inselstaaten (AOSIS), den am wenigsten entwickelten Ländern (LDC) und den afrikanischen Staaten (African Group) den Verhandlungsraum. Sie protestieren damit gegen die kompromisslose und ablehnende Haltung einiger Industriestaaten, allen voran Australien, Kanada und Japan, die mit allen Mitteln die Vereinbarung über einen eigenständigen internationalen Mechanismus zu „loss and damage“ verhindern wollen. 

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