24. Januar 2013

Lagarde: Noch eine Personifizierung des Resilient Dynamism

Zunächst noch ein Nachtrag zu unserem Post von gestern: Neben dem Shell-Konzern ist heute auch Goldman Sachs mit dem Schmähpreis Public Eye Award ausgezeichnet worden. Ob Hypotheken-, Banken- oder Europleite, fast an jeder größeren Krise verdiene Goldman Sachs kräftig mit. Dabei schrecke die US-Bank auch nicht vor Geschäften zurück, die ganze Staaten in den Ruin stürzen, erklärte die Jury am Donnerstag. So habe Goldman Sachs zwischen 1998 und 2009 mit Buchungstricks die Hälfte von Griechenlands Staatsschulden gegen horrende Honorare versteckt. Die Finanzkonstrukte hätten Griechenland schließlich in den Ruin und die EU in eine Finanzkrise getrieben. An der Krise habe Goldman bereits mindestens 600 Mio. Dollar verdient, und Griechenland schulde der Bank weiterhin 400 Mio. Dollar jährlich bis 2037. Das seien insgesamt mehr als zehn Milliarden Dollar auf Kosten der europäischen Steuerzahler. Goldman Sachs sei die Geldmaschinerie schlechthin mit einem undurchsichtigen, weltweit einzigartigen Netz an Verbündeten in höchsten Positionen wie dem Chef der Europäischen Zentralbank, Mario Draghi.

Noch ein Vertreter der „resistenten Dynamik“ gefällig, diesmal vielleicht eine Vertreterin? Voilà: In den Augen von WEF-Begründer Klaus Schwab verkörpert die Geschäftsführende Direktorin des IWF, Christine Lagarde, die Eigenschaften „resistent“ und „dynamisch“ auf geradezu ideale Weise. Weshalb sie auch für gestern Abend zu einer Sonderbotschaft an die WEF-Teilnehmer geladen war.

Sicher – Lagarde redet nicht wie ihre Kollegen aus der Privatwirtschaft dem „regulatorischen Rückzug“ das Wort, sondern insistiert darauf, dass der „Job“ der Reform der Finanzmärkte zu Ende gebracht werden muss und dass das eine Priorität für den IWF sein müsse. Den überwiegend männlichen Davos People redet sie auch schon mal ins Gewissen, dass Wachstum inklusiv sein und mit neuen Arbeitsplätzen einhergehen müsse, dass es an „gender inclusion“ allenthalben noch mangele und dass der in Davos kaum diskutierte Klimawandel in ihrer Sicht „die bei weitem größte ökonomische Herausforderung des 21. Jahrhunderts“ sei. Doch dem Anspruch, eine „New Global Economy for a New Generation“ zu entwerfen, wird ihre Rede mit den drei Punkten (größere Offenheit, mehr Inklusion und mehr Verantwortung bzw. Rechenschaftspflicht) bei weitem nicht gerecht.

Den Versuch, mit schönen Worten handfeste Interessen zu verbrämen, machte der britische Premierminister David Cameron demgegenüber heute Morgen erst gar nicht. Die Agenda der britischen G8-Präsidentschaft in diesem Jahr („trade, tax, transparency“) verkaufte er in Davos als eine „absolute Pro-Business-Agenda“ und sich selbst gleich mit als den „wirtschaftsfreundlichsten Führer“ der Welt. Nicht alle Punkte des Briten kann man von vorneherein als falsch zurückweisen. Aber wenn man genauer hinhört, wird man aus dem Thema Handel die alte Freihandelsagenda heraushören, aus dem Thema Steuervermeidung ein Plädoyer für die neoliberale Flat-Tax-Politik (für die von den Unternehmen im Gegenzug die Entrichtung der niedrigen Steuern verlangt werden könne) und hinter dem Stichwort Transparency den Versuch erkennen, den Ländern des Südens die Prinzipien der Westminster-Demokratie aufzudrängen.

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