26. November 2012

Geierfonds gegen Schuldenschnitte


Ginge es nur um einen Streit zwischen irgendwelchen Gläubigern und einem „Schurkenstaat“, könnte man getrost zur Tagesordnung übergehen. Doch das New Yorker Gerichtsurteil, wonach Argentinien bis zum 15. Dezember 1,3 Mrd. US-Dollar an die beiden Hedgefonds Elliott Associates und Aurelius Capital zahlen soll (>>> Argentinien unter Geiern), geht in seiner Bedeutung weit über diesen Fall hinaus. Es hebelt zentrale Prinzipien der Kreditvergabe aus und bedroht bestehende und künftige Restrukturierungen von Auslandsschulden, auch „Schuldenschnitt“ oder „Haircuts“ genannt.

Wenn sog. Holdouts, also Gläubiger, die sich weigern, einer Reduzierung ihrer Schuldtitel zuzustimmen, gegenüber jenen, die dazu in einem Schuldentauschverfahren bereit sind, gleichbehandelt werden sollen, dann reduziert dies das Risiko gen Null, das immer im Spiel ist, wenn ein Kredit vergeben wird. Und zugleich gefährdet es jedwede Restrukturierung von Schulden. Denn warum sollte ein Gläubiger noch bereit sein, einer Reduzierung der ausstehenden Schulden zuzustimmen, wenn er doch sicher sein könnte, irgendwann in einem späteren Gerichtsverfahren den Anspruch auf volle Rückzahlung bestätigt zu bekommen, oder wenn andere Gläubiger mehr von ihren Schulden zurückbekommen?

Desweiteren sollte man berücksichtigen, wer hier seine Forderungen durchsetzen will. Die Herren in Nadelstreifen aus der Finanzbranche mögen den Ausdruck „Geierfonds“ nicht. Etliche folgen jedoch einem Geschäftsmodell, das von Marktversagen profitiert, durch die eigene Spekulation (hier mit alten Schuldtiteln) jedoch zur weiteren Destabilisierung der Märkte beiträgt. Aus diesen Gründen ist es mehr als wünschenswert, dass sich Argentinien durchsetzen kann, wenn es in dieser Woche gegen das besagte New Yorker Urteil in Berufung geht.

22. November 2012

Hedgefonds nimmt Argentinien zur Geisel

Argentinien soll bis zum 15. Dezember 2012 1,3 Mrd US-Dollar an diverse Hedgefonds zahlen, sonst bekommt der Fonds Zugriff auf die regulären Zahlungen, die Argentinien an diejenigen Halter von Staatsanleihen (Bonds) leistet, die nach dem Default des Landes Anfang des letzten Jahrzehnts dem Austausch ihrer Bonds gegen niedrigere Schuldtitel zugestimmt haben. Das ist die Quintessenz eines Urteils, das ein New Yorker Gericht gestern abend - in Bekräftigung eines Urteils von 26. Oktober - zugunsten von Elliot Associates, einen "aggressiven Hedgefonds" (Financial Times), und andere Fonds gefällt hat. Jetzt fehlt nur noch, dass sie ihre Fünfte Flotte schicken, kommentierte Argentiniens Wirtschaftsminister Herman Lorenzino den Richterspruch und sprach von "juristischem Kolonialismus".

Näheres dazu, wie sich der Wind gegen die Souveränität der Länder und zugunsten der Gläubiger dreht, findet sich unter dem folgenden Videolink: >>> http://video.ft.com/v/1982420363001

19. November 2012

Vor Doha: Alarm, Skepsis und verhaltener Optimismus

Aufrütteln zum Handeln will der neue Präsident der Weltbank, Jim Yong Kim, mit einem Report, der rechtzeitig zu den nächsten Klimaverhandlungen in Doha (COP 18 vom 26. November bis 7. Dezember) herauskommt. Der Bericht mit dem Titel „Turn Down the Heat“ ist ein erstes Zeichen dafür, wie ernst dem neuen Chef der programmatische Vorsatz ist, das klimapolitische Engagement der Bank deutlich zu erhöhen, schreibe ich in einer Zusammenfassung auf www.weltwirtschaft-und-entwicklung.org.

Nicht irgendein Institut hat die Weltbank damit beauftragt, diesen jüngsten Schnappschuss der Erkenntnisse der Klimaforschung zu erstellen, sondern das Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK) und die Non-Profit-Organisation Climate Analytics in Berlin. Das Ergebnis des Berichts: Die Welt ist auf einem Weg, der bis zum Ende des Jahrhunderts eine Erderwärmung von 4° bringen wird – mit kaum absehbaren Folgen. Die bis dato gemachten Zusagen zur Reduzierung der Treibhausgas-Emissionen werden daran kaum etwas ändern.

Angesichts der festgefahrenen internationalen Klimaverhandlungen kommt erneut die Hoffnung auf, die zivilgesellschaftlichen Organisationen könnten den Karren aus dem Dreck ziehen. Doch Philip Bedall und Achim Brunnengräber sind skeptisch. In ihrem Artikel, der in der neuen Ausgabe des Informationsbriefs Weltwirtschaft & Entwicklung (>>> W&E 11/2012) erschienen ist, analysieren sie die symbiotischen Verknüpfungen zwischen der etablierten NGO-Szene und dem offiziellen Klima(verhandlungs)regime. Da die neuen Protestformen, die sich seit den Kopenhagener Klimaverhandlungen zeigen, noch in den Kinderschuhen stecken, steht auch die erforderliche Transformation der internationalen Klimapolitik noch am Anfang.

Einen Funken Hoffnung schöpft der Direktor des Earth Institut, Jeffrey Sachs, aus der Tatsache, dass der bei den Vereinten Nationen angesiedelte Grüne Klimafonds langsam Gestalt annimmt. Weitgehend ungeklärt ist jedoch noch, woher die Finanzausstattung des Fonds kommen soll. In einem ebenfalls bei W&E dokumentierten Beitrag (>>> Warum und wie die Reichen zahlen sollen) wartet Sachs mit einer Finanzierungsformel auf, die Klimagerechtigkeit herstellt, ohne die großen Schwellenländer von ihrer Verantwortung freizustellen.

15. November 2012

Double-Dip in der Eurozone: Die Rezession und die Unbelehrbaren


Wenn schon die Demonstranten und Steikenden gestern die neoliberalen Eliten Europas nicht davon überzeugen konnten, dass die Politik der Austerität zu nichts führt, dann müssten es die neuesten Konjunkturzahlen von heute schaffen. So sollte man meinen. Nach klassischem Verständnis befindet sich die Eurozone jetzt offiziell in der Rezession. Die neuen Zahlen der EU-Statistik-Behörde Eurostat in Luxemburg weisen aus, dass die Wirtschaftsleistung der Eurozone im dritten Quartal 2012 zum zweiten Mal in Folge gefallen ist. Während der BIP-Rückgang sich im 2. Quartal 2012 auf -0,2% belief, betrug er von Juli bis September 2012 -0,1%.

Das renommierte Centre for Economic Policy Research (CEPR) in London weist allerdings darauf hin, dass die rezessive Tendenz in der Eurozone bereits seit dem 3. Quartal 2011 anhält. Damals erreichte die ökonomische Aktivität in der Eurozone ihren Höhepunkt, allerdings beileibe nicht das Vorkrisenniveau. Danach ging‘s bergab – mit -0,3% im 4. Quartal 2011 und stagnativen 0,0% im ersten Quartal 2012.

Die Beschwichtiger weisen gerne darauf hin, dass dies alles Durchschnittswerte sind, hinter denen sich ein ungleiches Wachstum in den einzelnen Mitgliedsländern verbindet. Und in der Tat gibt es gewisse Unterschiede zwischen Nord und Süd in Europa. Aber auch die sind dabei, sich anzugleichen. So drückt inzwischen nicht mehr nur die schwere Rezession der südeuropäischen Länder die Eurozone nach unten; auch die bislang so vorbildlichen Niederlande ist inzwischen mit 1,1% im Minus. Und selbst der deutsche Musterknabe weist im 3. Quartal 2012 gegenüber dem Vorquartal gerade noch 0,3% Wachstum auf – ein klarer Trend zur Stagnation, wie beispielsweise der Ökonom Gustav Horn sagt.

Wer nun denkt, die harten Fakten der Rezession würden die sog. europäischen Eliten zur Korrektur ihrer Krisen- und Austeritätspolitik zwingen, dürfte sich wieder einmal irren. Gegenüber dem ideologischen Blendwerk des Neoliberalismus können auch nüchterne Fakten nichts ausrichten. Wie Eric Bonse heute in einem bemerkenswerten taz-Kommentar schreibt, ist die EU inzwischen zu einem neoliberalen Projekt verkommen. Das wird sich nicht durch bessere Einsichten ihrer „Funktionseliten“ ändern, sondern nur durch ihren Austausch. Deshalb ist die sich formierende europaweite Bewegung gegen den Austeritätskurs so wichtig.

14. November 2012

Europaeisierung des Protests

Heute – mehr als zwei Jahre nach dem Beginn der Krisenpolitik – erleben wir in Europa den ersten breit getragenen und grenzüberschreitenden Streik- und Aktionstag. Zum ersten Mal unterstützen auch der Europäische Gewerkschaftsbund (ETUC) und der Internationale Gewerkschaftsbund (ITUC) die kontinentweite Mobilisierung gegen die dominante Krisen- und Austeritätspolitik der EU-Regierungen. Während in Griechenland, Italien, Spanien und Portugal landesweite Streiks geplant sind, wird es in den anderen EU-Mitgliedsstaaten eher zu Solidaritätsbekundungen und –aktionen kommen. Dies spiegelt zwar die ungleiche Entwicklung der Bewegungen in Europa wider, aber doch auch eine beachtliche Europäisierung des Protests, die zu einer Veränderung der Kräfteverhältnisse beitragen kann.

Immerhin zielt der ETUC mit seiner Mobilisierung auf die „Stärkung der Opposition gegen die destruktive Austeritätspolitik“, die von der sog. Troika aus Europäischer Kommission, Europäischer Zentralbank und IWF vorangetrieben wird. Sie soll das Momentum schaffen für „einen sozialen Pakt für Europa mit einem wirklichen sozialen Dialog, einer Wirtschaftspolitik, die qualifizierte Arbeitsplätze und wirtschaftliche Solidarität zwischen den Ländern Europas fördert“. Gegenüber der Standortlogik, denen viele nationale Gewerkschaften immer noch verhaftet sind, spiegeln sich darin durchaus Fortschritte, kann doch von einem „sozialen Dialog“ keine Rede sein, solange „die Architekten der Austerität … schlicht darauf aus sind, die Finanzmärkte ohne Rücksicht auf die sozialen und wirtschaftlichen Kosten bei Laune zu halten“, wie ITUC-Generalsekretärin Sharan Burrow formuliert.

In einem begleitenden Schreiben an den EU-Ratspräsidenten Harman van Rompuy und dem Kommissionspräsidenten Manuel Barroso ruft der ITUC dringend zur Korrektur der derzeitigen europäischen Politik auf, die die EU in ihre bislang schwerste Krise gestürzt hat. Zugleich fordert er, den Neuen Europäischen Sozialpakt zu unterstützen, den der ETUC als Antwort auf die Krise entwickelt hat. Angesichts der bisherigen Probleme eines gewerkschaftlichen Internationalismus, der diesen Namen verdient, und der traditionellen Orientierung auf den „sozialen Dialog“ mag Skepsis angebracht sein, ob es sich hier wirklich um etwas Neues handelt. Immerhin zwingt der Umstand, dass die vorherrschende Krisen- und Sparpolitik der EU-Spitze jedem wie auch immer gearteten sozialen Dialog die Grundlage entzieht, auch die Gewerkschaften zur Bewegung.

6. November 2012

Wie die G20 hinter den eigenen Zielen hinterher hinken

Jetzt haben wir es also schwarz auf weiß und quasi amtlich: Die G20-Staaten hinken an allen Ecken und Enden hinter ihren eigenen Beschlüssen zur Regulierung der Finanzmärkte hinterher. In „Fortschrittsberichten“ und einem Brief des Vorsitzenden des Finanzstabilitätsrats (FSB), des kanadischen Zentralbankchefs Mark Carney, an die Finanzminister und Notenbank-Gouverneure der 20 wichtigsten Industrie- und Schwellenländer werden die Rückstände, wenn auch teilweise in verklausulierter Finanzdiplomatensprache, detailliert aufgelistet. So ist von „ungleichen Fortschritten“ bei der Lösung des „Too-big-to-fail“-Problems die Rede. Viele der 28 global systemrelevanten Finanzinstitute (GSifis) werden es nicht schaffen, bis zum Ende des laufenden Jahres ihre „Living wills“ – Rettungs- bzw. Abwicklungspläne im Falle einer Krise – fertig zu stellen. Sie erhalten nun sechs Monate mehr Zeit. Auch was die neuen Basel-III-Vorschriften der Rücklagebildung betrifft, werden es gerade die Herkunftsländer der größten Banken versäumen, diese bis Januar 2013 in nationales Recht umzusetzen.

Besonders wenig ist bislang passiert, um die sog. Schattenbanken, Hedgefonds und Versicherungen einer öffentlichen Kontrolle zu unterstellen. Hier schlägt das FSB jetzt vor, ein Set von Regeln bis zum G20-Gipfel im nächsten September in St. Petersburg zu erarbeiten und zu verabschieden. Wenn dieser Prozess jedoch so verläuft wie die Regulierung außerbörslich gehandelter Derivate („OTC“), dann wird auch hier nichts so heiß gegessen wie gekocht. Bei den OTC-Derivaten war ursprünglich vorgesehen, alle diese Geschäfte über zentrale Clearingstellen laufen zu lassen. Wie das FSB jetzt berichtet, planen acht der 25 FSB-Mitglieder, statt verbindlicher Regeln lediglich „Anreize“ dafür zu schaffen, dass sich die OTC-Geschäften clearen lassen.

Während in der Finanzmarktregulierung bestenfalls die Hälfte der selbst vorgezeichneten Strecke zurückgelegt wurde, haben der britische und der deutsche Finanzminister George Osborne und Wolfgang Schäuble am Rande der G20-Tagung in Mexiko-Stadt eine Initiative angekündigt, auch das Problem der konzerninternen Transferpreise in den Griff zu bekommen, die im Zentrum der Steuervermeidungsstrategien der Transnationalen Konzerne stehen. Dies wäre in jedem Fall eine sinnvolle Ergänzung der Finanzmarktreformen, und man darf gespannt sein, wie die erste Skizze der Initiative aussehen wird, die die OECD bis zur G20-Finanzministertagung im kommenden Februar – dann schon unter russischer Präsidentschaft – vorlegen soll.

Gäbe es nicht das Drängen des FSB und die Initiativen von Einzelstaaten – die Fortschritte der mexikanischen G20-Präsidentschaft wären noch magerer ausgefallen, als sie ohnehin schon sind. Immerhin hat das letzte Treffen der Finanzminister unter mexikanischer Ägide eine gewisse Lockerung der fiskalischen Konsolidierungsziele des Toronto-Gipfels (Reduzierung der Haushaltsdefizite der Industrieländer um 50% bis Ende 2013) gebracht. Im Kommuniqué des Treffens wird eingestanden, dass es derzeit nur „mäßiges Wachstum (gibt) und die Abwärtsrisiken immer noch erhöht“ sind. Die Finanzminister und Zentralbankchefs versichern deshalb alles zu tun, was notwendig ist, um die Gesundheit und das Wachstum der Weltwirtschaft zu stärken – darunter auch „zu gewährleisten, dass das Tempo der fiskalischen Konsolidierung angemessen ist, um die Erholung zu unterstützen“.

5. November 2012

Reformbedarf in der internationalen Agrar- und Energiepolitik


140 Akteure der Zivilgesellschaft aus 22 Industrie- und Schwellenländern fordern eine grundlegende Reform von Energie- und Landwirtschaftspolitik, um Hunger und Klimawandel weltweit zu bekämpfen. Das ist ein Ergebnis des "Dialogue on Transformation", der am Wochenende in Bonn stattgefunden hat. Die teilnehmenden Organisationen drängten einerseits auf das Recht auf Entwicklung, andererseits auf eine Form der Entwicklung, die die Grenzen des Planeten akzeptiert. Sie diskutierten Strategien, um die Armut und zugleich den Klimawandel zu bekämpfen. Eine Grundfrage war dabei, wie die Nachfrage nach Energie hier und in den Ländern des Südens nachhaltig und bezahlbar so gestillt werden kann, dass zugleich der Klimawandel eingedämmt werden kann. Eine andere Frage lautete, wie das Recht auf Nahrung gerade auch für die 870 Millionen Hungernden auf dem Planeten umgesetzt werden kann.

Seit April 2012 vernetzen Germanwatch und das US-amerikanische "Institute for Agriculture and Trade Policy" mit dem "Dialogue on Transformation" Basisgruppen, soziale Bewegungen, NGOs und Stiftungen aus den Bereichen Klima- und Ernährungspolitik, um neue Lösungsansätze zu entwickeln. Der Dialog, so Christoph Bals, Politischer Geschäftsführer von Germanwatch, trage dazu bei, aus vielen wichtigen Einzelstimmen in aller Welt eine kraftvolle Symphonie zur Lösung der dringenden Fragen in der Klima- und Ernährungskrise zu machen. Wichtige Akteure der Zivilgesellschaft drängen gemeinsam darauf, dass wir angesichts des Stillstands in den USA eine engere Kooperation zwischen China, Indien und der EU einleiten, um eine neue Dynamik im Klimaschutz zu erreichen."

So lobenswert das Engagement ist, das zivilgesellschaftliche Engagement im Klimaschutz lässt sich auch kritisch sehen (>>> Internationale Klimapolitik in der Transformation. Die Zivilgesellschaft als Triebkraft?). Immerhin: Ein Novum des „Dialogue on Transformation“ sieht Jim Harkness, Präsident des "Institute for Agriculture and Trade Policy", darin, dass er Bewegungen zusammenführe, die bislang oft getrennt voneinander gearbeitet haben, „obwohl sie das Ziel einer gerechten und nachhaltigen Zukunft teilen. Diese Kooperation ist auch notwendig, um dem ungebremsten wirtschaftlichen und politischen Einfluss der Unternehmen der fossilen sowie agrochemischen Unternehmen etwas entgegensetzen zu können."

Auch über die Ergebnisse aus dem Rio+20-Prozess wurde diskutiert. Hier wurde überlegt, wie das Mandat für nationale Agrarberichte wirkungsvoll in die Tat umgesetzt werden kann. Hans R. Herren, Mitautor des Weltagrarberichts, treibt dies in Ländern wie Kenia, Senegal und Äthiopien voran: "Ein Kurswechsel in der Landwirtschaft ist überfällig. Ziele sind Ernährungssicherheit für alle, eine ländliche Entwicklung mit verbesserten Bedingungen vor allem für Kleinbauern, insbesondere für Frauen, sowie eine nachhaltige Nutzung der natürlichen Ressourcen. Eine solche Landwirtschaft der Zukunft muss verstärkt auf Pflanzen und Sorten setzen, die den lokalen Bedingungen angepasst sind und die natürlichen Ressourcen auch für kommende Generationen erhalten. Dafür gilt es in nationalen Aktionsplänen nun den Grundstein zu legen."

4. November 2012

G20-Finanzminister und Zentralbanker in Mexiko: Weiter im Sinkflug

Die G20-Finanzminister und –Zentralbankchefs, die sich heute und morgen in Mexiko-Stadt treffen, werden es angesichts der US-Präsidentschaftswahlen am Dienstag schwer haben, besondere öffentliche Aufmerksamkeit für sich zu ergattern. Ungeachtet dessen sollen auf dem Treffen, wie man hört, wegen des in den USA zum Jahresende drohenden „finanziellen Kliffs“ und der anhaltenden Finanzkrise in Europa die Alarmglocken geläutet werden. Ein drittes Thema, um das es gehen wird, ist die Sorge, ob die Basel-III-Reformen, im Zuge derer die finanziellen Puffer der Banken zur Abfederung künftiger Finanzkrisen erhöht werden sollen, überall planmäßig bis Anfang nächsten Jahres umgesetzt sein werden.

OECD-Generaldirektor José Angel Gurria hat kurz vor der Tagung gefordert, die G20 sollten an die USA appellieren, das „fiskalische Kliff“ zu vermeiden. Dies wäre in der Tat eine Notwendigkeit, um den Rückfall in eine erneute Rezession zu vermeiden. Denn mit dem Auslaufen einer Reihe noch als der Bush-Ära stammenden Steuererleichterungen und diverser Ausgabenkürzungen dürften rund 600 Mrd. Dollar an Kaufkraft ausfallen. Doch das Thema ist bis nach den Wahlen auf's Eis gelegt worden, und keiner der Kandidaten konnte bislang erklären, wie er das Problem lösen will. – In Bezug auf Basel III sehen sich die G20-Mitglieder vor allem in den USA und der EU inzwischen einer massiven Kampagne der Bankenlobby gegenüber, die mit dem Argument arbeiten, dass vor allem die Großbanken nicht zu „allzu hohen“ Rücklagen gezwungen werden dürften; dies hätte nachteilige Folgen für die Finanzierung von mehr Wachstum (das aber in den meisten Industrieländern ohnehin am Boden liegt, u.a. deshalb, weil die Banken Kredite zurückhalten).

Das G20-Treffen der Finanzminister in Mexiko ist das letzte G20-Treffen im Rahmen der mexikanischen G20-Präsidentschaft, die der Finanzmarktreform – obwohl dies ihr erklärter Schwerpunkt war – keine sonderlichen Impulse verliehen hat. Die nachfolgende russische Präsidentschaft hat schon mal erklären lassen, dass sie sich in puncto Reform der Finanzmärkte mehr auf einer „technischen Ebene“ bewegen wolle. Damit dürfte der Sinkflug der G20 (>>> Im Sinkflug: Die G20 in Los Cabos/Mexiko) gerade im Bereich ihres Kerngeschäfts, weshalb sie einst gegründet wurde, weitergehen – es sei denn es kommt zur erneuten Zuspitzung der Finanzkrise in einem Ausmaß, das eine Revitalisierung der internationalen Kooperation unumgänglich macht.