24. August 2012

Nach 19 Jahren: Russland neues WTO-Mitglied

Als letzte große Ökonomie ist in dieser Woche Russland der Welthandelsorganisation (WTO) beigetreten. Weltbank-Ökonomen prognostizieren verheißungsvoll, dass die WTO-Mitgliedschaft dem Land pro Jahr ein Plus von 49 Mrd. Dollar (etwa 3% des russischen BIP) bringen wird. Doch erst mal wird sich Russland, das sage und schreibe 19 Jahre lang über die Beitrittsbedingungen verhandelt hat, neue Konkurrenz aus dem Ausland gefallen lassen müssen. Seine Importzölle müssen von durchschnittlich 11,5% auf 7% gesenkt werden, während umgekehrt den russischen Exporten, hauptsächlich Gas und andere Rohstoffe, kaum Handelsbarrieren entgegen stehen. Allein die russische Stahlindustrie sieht sich ausländischen Zöllen gegenüber, die das Land aber nur 1,5-2 Mrd. Dollar pro Jahr kosten.

Hinzu kommt, dass mit dem WTO-Beitritt noch keineswegs jene Handelsbarrieren beseitigt werden, die auf Seiten der USA seit den Tagen des Kalten Krieges bis heute fortbestehen („Jackson Vanik accord“). Diese halten US-Unternehmen davon ab, den Russen den Status eines normalen Handelspartners einzuräumen. Experten gehen daher davon aus, dass die Bedeutung des russischen WTO-Beitritts ökonomisch kaum ins Gewicht fällt.

Als „Zeichen des Vertrauens“ in seine Organisation hat WTO-Generaldirektor Pascal Lamy den Beitritt Russlands gepriesen. Eher andersherum lautet allerdings das Thema des diesjährigen WTO-Symposiums, das im September unter der Frage stattfindet: „Ist der Multilateralismus in der Krise?“ Angesichts der Tatsache, dass es jetzt schon seit über zehn Jahren keine nennenswerten Liberalisierungsfortschritte im Rahmen des WTO-Multilateralismus mehr gibt, eine allzu berechtigte Frage. Und es ist zweifelhaft, ob ein paar Nachzügler (neben Russland ist diese Woche noch Vanatu beigetreten) dieser Art des Multilateralismus neues Leben einhauchen können.

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