15. Juni 2012

Zwischen Illusion und Affirmation: Die NGOs vor Los Cabos

Ein „starkes Signal nach Rio“, bei dem „nicht das Wirtschaftswachstum, sondern die soziale und ökologische Gerechtigkeit“ im Vordergrund steht, fordert der Dachverband entwicklungspolitischer NGOs VENRO vom G20-Gipfel, der am Montag in Los Cabos beginnt. Das ist wohlmeinend, aber eine glatte Illusion, hat doch die mexikanische Präsidentschaft bewusst „grünes Wachstum“ auf die Tagesordnung gesetzt. Damit setzt sie die G20 in direkten Gegensatz zu Rio+20, wo wenigstens noch um die Definition des Green-Economy-Konzepts gerungen wird.

Die G20 sollten kräftig Druck auf die deutsche Kanzlerin und ihr ihren Austeritätskurs austreiben, fordert WEED. Das ist schon realistischer, könnte die internationale Isolierung Merkels inzwischen doch kaum größer sein. Doch wenn die G20 ihre Sinatra-Linie des „I do it my way“ fortsetzen, ermöglichen sie ihr, weiter zu machen, was sie will. Eine Lösung der Eurokrise wäre allerdings auch im Interesse der Entwicklungsländer, worauf Oxfam heute in seinem „Curtain raiser“ für Los Cabos hinweist: Ein Auseinanderbrechen der Eurozone würde die armen Länder mindestens 30 Mrd. Dollar kosten, 20 Mrd. aufgrund rückläufiger Exporteinnahmen und 10 Mrd. Dollar aufgrund rückläufiger Investitionszuflüsse – wobei die öffentliche Entwicklungshilfe schon im letzten Jahr um 2,4 Mrd. Dollar gesunken ist.

Völlig auf die Linie der G20 scheint dagegen Bonos NGO ONE eingeschwenkt zu sein. Die G20 sollten den Kampf gegen die Korruption fortsetzen, den mehrjährigen Aktionsplan von Cannes zur Landwirtschaftsförderung fortsetzen und „eng mit den afrikanischen Regierungen, multilateralen Entwicklungsbanken und dem Privatsektor kooperieren, um Hindernisse für Investitionen in Infrastruktur zu beseitigen“, heißt es in einer Presseerklärung –  als seien die G20 überall im Süden auf dem besten Weg und als gebe es keine Zielkonflikte zwischen den Interessen des Privatsektors und einer vernünftigen Infrastrukturentwicklung oder der Sicherung der Welternährung. Hier scheint es so, als sei man definitiv auf den Weg der affirmativen Verstärkung der Vorgaben von oben übergegangen und habe selbst rhetorisch jedwede Graswurzelorientierung aus dem Auge verloren.

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