28. September 2011

FTT-Direktive der EU: Die Debatte beginnt erst!

Gastkommentar von Jörg Alt*)

Niemand hatte dies vor zwei Jahren für möglich gehalten! EU-Kommissionspräsident Barroso spricht sich heute vor dem EU-Parlament für eine Steuer auf Finanztransaktionen ab 2014 aus, ausgerechnet der Chef jener Institution, die vielen Globalisierungskritikern bis vor Kurzem als Hüterin der neoliberalen reinen Lehre gegolten hat!

Offensichtlich ist es in der kurzen Zeit der Zivilgesellschaft und ihren Verbündeten gelungen, ihre Argumente plausibler erscheinen zu lassen als jene der Finanzlobby. Insofern kann man mit den heute bekannt gewordenen Vorschlägen der Kommission recht zufrieden sein, wenngleich die Kommission natürlich nicht alle Ideen der Zivilgesellschaft aufnimmt: So finden wir beispielsweise den homöopathischen Steuersatz von 0,01% auf den Handel mit Derivaten viel zu niedrig. Wir treten weiterhin für eine einheitliche Steuer von 0,05% ein, auch und gerade auf Derivate, die im Auf- und Ab der Finanzmärkte eine besonders zerstörerische Rolle spielen.

Aber: Mit dem vorgelegten Entwurf für eine Direktive wird die Diskussion um die europaweite Finanztransaktionssteuer erst richtig beginnen. Dabei werden neben den Gegnern auch die zivilgesellschaftlichen Bündnisse ihre Beiträge leisten und versuchen, das Erreichte zu verteidigen oder gar zu verbessern. Die Chancen auf das Zustandekommen der Steuer sind so gut wie nie, auch und vor allem, wenn eine Gruppe von Staaten, etwa in der Eurozone, vorangehen und andere anschließend zum Mitmachen einladen.

Die größte Herausforderung für die „Steuer gegen Armut“- bzw. „Robin Hood Tax“-Kampagnen in Europa wird nun aber sein, Einnahmen aus dieser Steuer für die von ihnen geforderten Zwecke zu sichern: Den Kampf gegen internationale und nationale Armut sowie den Schutz von Klima und Umwelt. Es ist schließlich naheliegend, dass der Enthusiasmus jener Regierungen, die eine Finanztransaktionssteuer befürworten, sich vor allem im Hinblick auf die eigenen klammen Kassen erklärt. Das ist legitim, aber nicht das, was wir wollen. Und da es die Finanztransaktionssteuer ohne die zivilgesellschaftliche Bewegung nicht bis hierher geschafft hätte, so werden wir auch weiterhin energisch und selbstbewusst für unsere Forderungen eintreten.

In Deutschland ginge es im nächsten Schritt ganz konkret folgendes: 365 von 621 Bundestagsabgeordneten haben sich im sog. „Entwicklungspolitischen Konsens“ dafür ausgesprochen, Deutschland solle bis 2015 das Versprechen einlösen, 0,7% seines BNE für Armutsbekämpfung und Entwicklung ausgeben – eine satte Mehrheit im Parlament! Konkret würde dies bedeuten, für vier Jahre ab sofort den Entwicklungshilfeetat um jeweils 2,5 Mrd. € aufzustocken. Die absehbaren Einnahmen aus der Finanztransaktionssteuer würden dies, mit ein wenig Hin- und Herschieben, ermöglichen. Aus diesem Grund appellieren wir vor allem an die Konsens-Unterzeichner aus den Koalitionsparteien, ihren Unterschriften schon in diesem Haushaltsverfahren Taten folgen zu lassen, etwa am 19.10.2011, wenn über Änderungsanträge zum Entwicklungshilfehaushalt entschieden wird.

*) P. Dr. Jörg Alt SJ ist Moderator der Kampagne Steuer gegen Armut.

Finanztransaktionssteuer: Wachsender Zulauf

Heute Morgen hat Kommissionspräsident Barroso im Europaparlament in Straßburg angekündigt, dass die EU-Kommission einen Gesetzentwurf zur Einführung einer EU-weiten Finanztransaktionssteuer (FTT) beschlossen hat. Der Gesetzentwurf findet sich >>> hier; eine erste Analyse seines Inhalts >>> hier und hier.

Als weiterer prominenter Fürsprecher der FTT gilt inzwischen Bill Gates. In einem Bericht für den G20-Gipfel in Cannes Anfang November wird Gates die Einführung der Steuer empfehlen und explizit dafür plädieren, dass die damit generierten Mittel für Klimaschutz und Entwicklung verwendet werden. Eine Technische Note, die den Diskussionsstand in Vorbereitung des Gates-Berichtes zusammenfasst, kursierte auf der Jahrestagung von IWF und Weltbank am letzten Wochenende. Ihr Wortlaut findet sich >>> hier.

Heute plädiert auch erstmals ein prominenter Kolumnist der Financial Times für die Variante der Tobin-Steuer. John Plender schreibt zwar, Gates befinde sich mit seinem Standpunkt in „gemischter Gesellschaft“, da auch Fidel Castro und Hugo Chavez dafür seien. In dem er aber selbst, u.a. mit Hinweis auf die britische Stamp Duty, vehement für die Steuer plädiert (>>> Long-term investors would benefit from Tobin tax), wird diese Gesellschaft immer bunter und gemischter. Und so soll es ja auch sein.

27. September 2011

Schwaches Bild: G20 zur Entwicklungspolitik

Seit der Verkündung des sog. Development Consensus im letzten Jahr in Seoul ist die G20 als entwicklungspolitischer Akteur kaum in Erscheinung getreten. Jetzt hat am Rande der Jahrestagung von IWF und Weltbank am letzten Wochenende in Washington erstmals ein Treffen der Entwicklungs- und Finanzminister der G20 stattgefunden. Das im Anschluss veröffentlichte Kommuniqué besticht nicht gerade durch besondere Originalität, um es vorsichtig auszudrücken. Es benennt als Prioritäten der G20-Entwicklungspolitik, „um das Wachstumspotenzial und die ökonomische Widerstandsfähigkeit der Entwicklungsländer zu maximieren“, zwei Bereiche: Ernährungssicherheit und Infrastruktur.

In Bezug auf die Ernährungssicherheit huldigt die Erklärung vor allem einer Tonnenideologie: Die Nahrungsmittelproduktion müsse bis zum Jahre 2050 verdoppelt werden. Ansonsten werden bereits bestehende Initiativen, etwa der G20-Agrarminister, lediglich erwähnt und an die Finanzminister und Staatschefs weitergereicht. Vergeben wurde damit vor allem die Chance, diese Initiativen zu konkretisieren und zu stärken – etwa das Pilotprojekt zur Schaffung regionaler Nahrungsmittelreserven für humanitäre Notfälle in Westafrika, einer der wenigen Lichtblicke in den Beschlüssen des Agrarministertreffens vom Juni 2011. Wie Sophia Murphy vom Institute for Agriculture and Trade Policy (IATP) schrieb, hätte man zeigen können, dass solche Nahrungsmittelreserven ein praktisches Instrument sind, um Marktversagen zu korrigieren, unter dem vor allem die Armen zu leiden haben. Das ist nicht geschehen.

Die Ausführungen zur Infrastruktur folgen einem ähnlichen Muster. Dass hier nach Jahren des Kahlschlags im Zeichen der neoliberalen Strukturanpassungspolitik vor allem Afrika große Engpässe bestehen, hat sich herumgesprochen. Es wäre jedoch die Aufgabe eines Spitzentreffens von Entwicklungspolitikern, einmal zu definieren, was denn „exemplarische Infrastrukturinvestitionen“ sind, die den Kriterien von „ökologischer Nachhaltigkeit, Ernährungssicherheit und regionaler Handelsintegration“ entsprechen, statt nur bereits eingeleitete Initiativen zu loben.

In Bezug auf die Frage innovativer Finanzierungsinstrumente ist es jedoch vielleicht ganz gut, dass die Entwicklungsminister ihr innovatives Potenzial am Eingang zum Sitzungssaal abgegeben haben und den G20-Regierungschefs den kommenden Bericht von Bill Gates zu diesem Thema ans Herz legen. Dieser wird, wie zu hören ist, für die Einführung einer Finanztransaktionssteuer plädieren und für die Verwendung der Erlöse für die Entwicklungs- und die Klimapolitik.

26. September 2011

Nach der Jahrestagung: Die Verunsicherung bleibt

Christine Lagarde hat ihre Feuertaufe bestanden. Ihre Ideen – von der „gefährlichen neuen Phase der Weltwirtschaft“ bis hin zu einem differenzierteren Verhältnis zwischen konjunkturellem Stimulus und fiskalischer Konsolidierung – finden sich in allen Kommuniqués wieder. Und doch gibt es nach dieser Jahrestagung keine gemeinsame Linie und koordinierte Politik, wie den Herausforderungen der Instabilität des Finanzsystems und einem Rückfall in die Rezession begegnet werden könnte. Vielmehr macht jeder das, was er ohnehin für richtig hält – wie gehabt. Lagarde kann mit diesem Ergebnis nicht zufrieden sein; ein nur geringer Trost mag sein, dass es ihren Vorgängern oft nicht anders ging.

Dass die starken Worte, mit denen die Krisengefahren beschworen wurden, nicht in einen politischen Konsens mündeten, bedeutet vor allem eines: Es bleibt die große Verunsicherung, die die Stimmung auf den Washingtoner Treffen prägte. Ein gutes Stück Mitverantwortung dafür tragen auch die Deutschen, die in Washington eisern an ihrem gnadenlosen Austeritätskurs festhielten, auch wenn viele „Partner“ längst der Meinung sind, gerade Deutschland müsse mehr tun für die Wiederbelebung der lahmenden Weltwirtschaft. Allen voran blieb Finanzminister Schäuble hart in seiner Weigerung, die Probleme dadurch zu lösen, dass man ihnen „immer mehr Geld hinterher wirft“. O-Ton Schäuble: „Sie können das Feuer nicht mit Feuer löschen.“

Hinter solchen Wendungen steht die einfältige deutsche Auffassung, die Ursache der gegenwärtigen Krise sei die zu hohe Verschuldung – als sei es nicht gerade umgekehrt: Die übermäßige Verschuldung ist eine Folge der Finanzkrise, z.B. der gigantischen Summen, die die Rettung der Banken verschlungen hat. Es ist offensichtlich nur sehr schwer zu verstehen, dass man Überschuldung nicht mit bloßer Sparpolitik bekämpfen kann, wenn letztere das Wachstum abwürgt, wie inzwischen überall in Europa – nicht nur in Griechenland – zu beobachten ist. Aus der Verschuldung kann man nur herauswachsen.

Die nächste Station der Karawane wird jetzt der Gipfel der G20 Anfang November in Cannes sein. Sollte die Washingtoner Tagung ein Vorgeschmack auf dieses Großereignis gewesen sein, dann sollten wir die Erwartungen nochmals herunterschrauben: Auf einer Jahrestagung der Bretton-Woods-Zwillinge mag die Analyse der Lage dominieren, von einem politischen Gipfel wird zupackendes Handeln erwartet.

24. September 2011

Noch mehr Geld beim IWF? Ja, aber, sagen die BRICS

Am Rande der Jahrestagung von IWF und Weltbank hat Christine Lagarde eine substanzielle Erhöhung der finanziellen Ressourcen des Währungsfonds ins Gespräch gebracht, um den wachsenden Aufgaben in der sich ausweitenden globalen Krise gerecht zu werden. Das Kommuniqué der BRICS kann als eine erste Antwort darauf verstanden werden. Diese ist prinzipiell positiv, aber an die Bedingung einer beschleunigten Reform der Governance-Strukturen des Fonds zu ihren Gunsten geknüpft. „Falls notwendig sind wir – abhängig von den Gegebenheiten der einzelnen Länder – bereit zu erwägen, über den IWF oder andere internationale Institutionen Unterstützung bereitzustellen, um die aktuellen Herausforderungen für die globale Finanzstabilität zu meistern“, heißt es in dem Kommuniqué.

Der erneute Finanzbedarf des IWF ergibt sich aus seinem neuen und starken Engagement in Europa, und er dürfte noch größer werden, wenn demnächst auch für Länder wie Italien und Spanien Rettungspakete aufgelegt werden müssen. Deshalb knüpfen die BRICS ihre Bereitschaft zur Hilfe erstens daran, dass alle Länder, denen der IWF hilft, künftig eine „gleiche, transparente und vorhersagbare Behandlung“ erfahren, wie der indische Zentralbank-Präsident Duvvuuri Subbarao sagte. Zweitens wollen die BRICS, dass die laufenden Governance-Reformen, bei denen es im Wesentlichen um mehr Stimmrechte für Schwellen- und Entwicklungsländer geht, beschleunigt werden. „Wir müssen desweiteren mit der umfassenden Überprüfung der Quotenformel bis Januar 2013 fortfahren und die nächste Quotenüberprüfung bis Januar 2014 abschließen“, sagt das Kommuniqué. Süffisant bemerkt der mexikanische Zentralbankchef Agustin Carstens: „Der Fonds braucht dringend Kapital – das ist eine sehr gute Gelegenheit zur Neugewichtung der Stimmrechte.“

Mit ihrer erstmals so explizit formulierten Knüpfung von Finanzbeiträgen an eine Reform übernehmen die Schwellenländer eine Taktik, wie sie seit vielen Jahren von einem Teil der NGO-Szene vertreten wird („mehr Geld nur gegen Reform“). Nur dass dieses Kalkül im Falle der NGOs meist nicht aufging. Bei den BRICS liegt der Fall jedoch anders: Ohne ihre Zustimmung und ihr Geld wird eine substanzielle Aufstockung der Kreditvergabekapazität des IWF kaum mehr möglich sein.

Angst am Abgrund der Weltwirtschaft

Angst, Unsicherheit, Groll – diese Wörter umreißen die Stimmung, in der gestern die Jahrestagung von IWF und Weltbank in Washington begonnen hat. Selten fand dieses Spitzentreffen von Finanz- und Entwicklungsministern, Notenbankpräsidenten und Privatbankern vor einem so düsteren weltwirtschaftlichen Hintergrund statt. Auf die Analyse der sich verschärfenden Abwärtsrisiken folgte jetzt die Abwärtskorrektur der Prognosen. Für das laufende Jahr rechnet der neue World Economic Outlook des IWF (>>> hier) jetzt nur noch mit einem weltweiten Wachstum von 4% (gegenüber 5% noch im Juni). Die Schellen- und Entwicklungsländer sollen zwar noch um 6% zulegen, doch die Industrieländer dürften es gerade noch auf 1,5% im Schnitt bringen (mit noch niedrigeren Werten für Europa und die USA, von Japan gar nicht zu reden; s. Grafik - vergrößern durch anklicken!). Obendrein hat gestern noch die WTO ihre Prognose für den Welthandel von 6,5 auf 5,8% reduziert.

Unsicherheit macht sich breit, weil durchaus damit zu rechnen ist, dass diese Werte bald schon erneut nach unten korrigiert werden müssen – bis hin zu Szenarien des Rückfalls in eine ausgemachte Rezession in relevanten Teilen der industrialisierten Welt. Angst grassiert, weil niemand ausschließen kann, dass die derzeitige Schuldenkrise in Europa und den USA das Weltfinanzsystem und mit ihm die Weltwirtschaft in den Abgrund reißt. Und Groll kommt auf angesichts der selbstproduzierten fiskalischen Zwänge und der Unfähigkeit der Politik, kooperative Lösungen zu finden. Das dünne Kommuniqué des G20-Finanzministertreffens (>>> hier) im Vorfeld der Jahrestagung spricht hier Bände, und das positivste Zeichen ist noch das (wieder einmal gegebene) Versprechen, die Banken um jeden Preis zu retten. Die Frage ist nur „wovon?“, wo doch schon die letzte Runde die Staatshaushalte bis an den Rand des Ruins belastet hat und das Latein der daraufhin eingeleiteten Konsolidierungs- und Austeritätspolitik so langsam am Ende ist.

Die Schwellenländer werden besonders durch die Befürchtung umgetrieben, dass sie diesmal nicht so glimpflich davon kommen könnten wie in der ersten Runde der Finanzkrise, die mit der Lehman-Pleite ihren Höhepunkt erreichte. Der Negativeffekt einer Bankenkrise in Europa könnte für die Emerging Economies tatsächlich weit schmerzhafter werden als die Konsequenzen des Lehman-Falls, wie die Consulting RBC Capital Markets jetzt an Hand von Daten der Bank für internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) aufzeigte. Der Grund dafür ist denkbar einfach: Die Kredite europäischer Banken an die Schwellenländer sind wesentlich höher als die der US-Banken. Dies gilt absolut wie relativ (>>> hier). Kein Wunder, dass es in Washington vor allem die Vertreter der Schwellenländer sind, deren Kritik an den Europäern und ihrer Unfähigkeit, die eigenen Probleme in den Griff zu bekommen, immer ungeduldiger wird. „Wir haben die Krise von 2008 durch koordiniertes Handeln innerhalb der G20 abgedämpft. Wir müssen jetzt dasselbe tun“, sagte Brasiliens Finanzminister Guido Mantega. Blickt man jedoch auf den G20-Prozess, kann davon – knapp sechs Wochen vor dem Gipfel in Cannes – leider keine Rede sein.

23. September 2011

Pressekonferenz der BRICS in Washington



* BRICS Joint Communiqué >>> hier.

Lagardes Akzente vor der Jahrestagung

Heute erschien mein fast schon traditionelles Gespräch mit Martin Ling, dem Nord-Süd-Redakteur des Neuen Deutschlands, vor der Jahrestagung von IWF und Weltbank in Washington. Es hat folgenden Wortlaut (Veröffentlichung auf der Original-Website >>> hier):

Seit dem 5. Juli amtiert die Französin Christine Lagarde als neue IWF-Direktorin. Sie steht jetzt vor ihrer ersten Herbsttagung. Konnte sie bereits Akzente setzen in den ersten Monaten?

Ja, sie hat deutliche Akzente gesetzt, vor allen Dingen mit ihrer Rede beim Treffen der internationalen Zentralbanker im US-amerikanischen Jackson Hole. Dort warnte sie vor einer neuen gefährlichen Phase der Weltwirtschaft und forderte die Politik auf, sie dürfe nicht zu früh die Konjunktur stimulierende Maßnahmen einstellen, wenngleich mittelfristig ein Abbau der hohen Staatsverschuldung selbstverständlich notwendig sei. Es ist ein sehr wichtiger Akzent, dass sie auf politische Optionen hinweist und zeigt, dass nicht alles von den Finanzmärkten diktiert wird.

Sie hat sich auch dafür ausgesprochen, notfalls zwangsweise europäische Banken zu rekapitalisieren, sprich ihr Eigenkapital zu erhöhen, um sie krisenfester zu machen. Findet sie denn Gehör?

Die erste Reaktion war Aufregung bei den Finanz- und Wirtschaftsfunktionären. Die hat sich gelegt, und Lagarde vertritt weiterhin diese Position, wenngleich nicht hundertprozentig klar ist, in welchem Umfang dieser Rekapitalisierungsbedarf besteht (im neuen Financial Stabylity Report des IWF ist von 200-300 Mrd. Dollar die Rede). Aber wie kritisch europäische Banken wieder dastehen, zeigte sich gerade bei der Herabstufung der Kreditwürdigkeit der französischen Banken Société Générale und Crédit Agricole, die viele Staatsanleihen von südeuropäischen Krisenländer in den Büchern haben.

Flankenschutz erhält Lagarde von ihrem Landsmann Oliver Blanchard, Chefökonom des IWF. Er moniert, dass der Abbau der globalen Ungleichgewichte nicht stattfindet, die Exportüberschussländer wie China oder Deutschland und die Defizitländer wie die USA keinen Kurswechsel vollzogen hätten. Stimmen Sie zu?

Nur bedingt. Auf der Seite Chinas gibt es durchaus ernst zu nehmende Anstrengungen, um die Schwerpunkte von der Export- auf die Binnenwirtschaft zu verlagern. Sie begreifen das zusammen mit der Aufrechterhaltung hoher Wachstumsraten als ihren Beitrag zur Stabilisierung der Weltwirtschaft und ihren Beitrag zum Weg aus der aktuellen Krise. Bei anderen Überschussländern sieht es nicht so aus. Die deutsche Ökonomie stützt sich nach wie vor im Wesentlichen zu einem sehr hohen Grad auf ihre Exporte und exportiert damit faktisch auch Arbeitslosigkeit und soziale Probleme.

Wie groß ist die Gefahr eines Abdriftens der Weltwirtschaft in eine neuerliche Rezession wie nach der Pleite der Investmentbank Lehman Brothers vor fast genau drei Jahren?

Es gibt drei Risikofaktoren. Der erste ist ein neuerliches Absinken der Wirtschaft in wichtigen Industrieländern in eine Rezession nach dem kurzen Zwischenaufschwung, ein sogenannter Double Dip. Der zweite Punkt ist, dass die Gefahr einer neuen Kernschmelze im Finanzsektor keineswegs gebannt ist, sondern dass nach wie vor eine äußerst kritische Situation vorliegt. Und der dritte Faktor ist die Gefahr, dass eine Massenarbeitslosigkeitskrise wie in den 30er Jahren wiederkehrt – die Anzeichen in Südeuropa gehen in diese Richtung. Deutschland steht zwar verglichen mit anderen Ländern relativ gut da, aber weltweit ist die Zunahme der Arbeitslosigkeit enorm. Und mit der jüngsten Verschlechterung der Wirtschaftsaussichten wird die Arbeitslosigkeit weitr zunehmen. Es ist ganz interessant, dass Christine Lagarde in ihren Reden als dritte Herausforderung immer diesen Punkt wachsender sozialer Spannungen nennt, um die sich der IWF heutzutage auch kümmern müsse.

Weltbankchef Robert Zoellick befürchtet ein Übergreifen der Krise auf die Schwellenländer. Begründet?

Die Gefahr besteht. Die Schwellenländer schauen etwas ratlos auf die Unfähigkeit der Europäer oder der US-Amerikaner, ihre eigenen wirtschaftlichen Probleme in den Griff zu kriegen. Sie sind sich sehr wohl dessen bewusst, dass eine generelle Verschlechterung der Wirtschaftsaussichten in den nördlichen Industrieländern auch Rückwirkungen auf sie haben wird.

Viele dieser Länder sind hochgradig abhängig von Exporten in die Industrieländer. Ein Einbruch im Norden zieht auch einen Einbruch im Süden nach sich. Die Schwellenländer sind Abwärtsrisiken ausgesetzt, wenngleich in dem neuen Ausblick auf die Weltwirtschaft, dem »World Economic Outlook«, gesagt wird, sie seien nicht in dem Maße krisengefährdet wie der industrialisierte Norden.

Interessant ist, dass sich die Positionen auf internationaler Ebene gewendet haben. Jetzt wird darüber diskutiert, dass China und selbst Brasilien den Europäern mit Kapital helfen könnten, während vor einiger Zeit die Europäer noch versucht haben, China zu kolonialisieren. Das ist eine sehr spannende Entwicklung.

21. September 2011

Im Focus: Jahrestagung von IWF und Weltbank

Vom 23.-25. September findet in Washington die Jahrestagung des Internationalen Währungsfonds (IWF) und der Weltbank statt. Sie steht ganz im Zeichen der "gefährlichen neuen Phase der Weltwirtschaft" (Lagarde). Während die Gefahren des Rückfalls in eine neue Rezession und einer neuen Kernschmelze im Finanzsektor im Sommer überdeutlich wurden, sind die Antworten der Politik eher nebulös.

Während wir das Treffen hier im Blog kommentieren, dokumentieren wir auf der W&E-Website seine Beschlüsse und analysieren die Hintergründe.

Sechs Wochen vor G20-Gipfel: 1.000 Ökonomen für Finanzsteuer

Mehr als 1.000 Wirtschaftswissenschaftlerinnen und -wissenschaftler, darunter 107 Deutsche, haben einen Offenen Brief an die G20 und Bill Gates unterzeichnet. Ihre Forderung: Die Einführung einer Finanztransaktionssteuer, mit deren Einnahmen weltweit die Bekämpfung der Armut und Maßnahmen zum Schutz des Klimas finanziert werden sollen.

Dem Aufruf haben sich auch 107 deutsche Unterzeichner angeschlossen, darunter der ehemalige Wirtschaftsweise Jürgen Kromphardt, der ehemalige Staatssekretär Heiner Flassbeck und Börsen-Experte Dirk Müller. Ihre Namen finden sich neben denen internationaler Experten wie Jeffrey Sachs, Sonderberater von UN-Generalsekretär Ban Ki-moon, Dani Rodrik, Professor für Politische Ökonomie an der Harvard University und Christian Fauliau, ehemals leitender Volkswirt bei der Weltbank.

Die Finanztransaktionssteuer wird beim G20-Gipfel, der in sechs Wochen in Cannes, Frankreich stattfindet, auf der Agenda stehen. Microsoft-Gründer und Philanthrop Bill Gates wird dort einen Bericht zu innovativen Finanzierungsmechanismen vorlegen. Im Brief heißt es: „Die Zeit für die Steuer ist reif. Die Finanzkrise hat uns die Gefahren eines unregulierten Finanzwesens gezeigt… Schon bei einem sehr niedrigen Steuersatz von 0,05% oder weniger könnte die Steuer Hunderte von Milliarden Dollar jährlich einbringen und übermäßige Spekulationen eindämmen. Großbritannien erhebt bereits eine Steuer auf Aktientransaktionen von 0,5% - das Zehnfache dieses Steuersatzes - ohne dass sich dies übermäßig auf die Wettbewerbsfähigkeit der City of London auswirkt.“

* Das Kampagnenbündnis "Steuer gegen Armut" wird von 100 Nichtregierungsorganisationen, kirchlichen Gruppen, Gewerkschaften, Parteien und Einzelpersonen getragen: >>> www.steuergegenarmut.de. Den Brief im Wortlaut und die Liste der Unterzeichner sowie weitere Materialien finden sich unter: >>> www.oxfam.de/presse/Journalistenworkshop/FTT.

18. September 2011

Rollentausch zwischen Nord und Süd oder Normalisierung?

Wie viele europäische Staatsanleihen die Chinesen am Ende auch kaufen werden, alleine die Tatsache, dass seit letzter Woche ernsthaft darüber diskutiert wird, wie China und andere aufstrebende Wirtschaftsmächte Europa in der Schuldenkrise unter die Arme greifen können, markiert einen dramatischen Punkt. Erst kündigte Brasiliens Finanzminister Guido Mantega, von dem die Rede von den neuen „Währungskriegen“ stammt, an, dass die BRICs („Brasilien, Russland, Indien und China“) in der nächsten Woche auf ihrem Treffen in Washington diskutieren werden, wie und in welchem Umfang sie Europa helfen können. Dann räsonierte Chinas Premierminister Wen Jiabao bei der Eröffnung des „Sommer-Davos“ in Dalian/China offen über die Bereitschaft seines Landes, Europa „seine helfende Hand“ zu reichen und in die europäische Wirtschaft zu investieren.

Die „helfende Hand“ gibt es freilich nicht zum Nulltarif. Europa, dessen Länder sich noch vor wenigen Generationen an der Kolonialisierung Chinas versucht haben, hat eine Bringschuld. Aus chinesischer Sicht gehört dazu, dass Europa China in der WTO als „Marktwirtschaft“ anerkennt – ein technischer Status, der es wesentlich schwerer machen würde, China vor ein Streitschlichtungspanel der Handelsorganisation zu zerren. Und: So wie China durch seine Wachstumsraten und die begonnene strategische Umorientierung auf die Binnenwirtschaft versucht, seinen Beitrag zur weltwirtschaftlichen Erholung und Stabilität zu leisten, so solle Europa zuerst sein „eigenes Haus in Ordnung bringen“, bevor relevante Investitionssummen aus China fließen.

Letzteres klingt so wie die Europäer früher den IWF-Klienten diktierten, ihre Wirtschaft „gesund zu schrumpfen“, kann sich aber längst auf kein so festgefügtes Machtsystem stützen, wie es bis vor kurzem in der Nord-Süd-Richtung herrschte. Die Forderung nach einem besseren Status in der WTO zielt hingegen auf die Beendigung von Diskriminierung und damit auf Normalisierung – eine Zustimmung der Europäer würde „unsere Freundschaft reflektieren“ (Wen). Es ist also kein wirklicher Rollenwechsel zwischen Nord und Süd, der sich hier vor unseren Augen abspielt. Aber die Zeichen, dass sich die alten Asymmetrien auflösen, werden zunehmen, und das ist gut so.

11. September 2011

Stark! Die Hardliner gehen, und wer kommt?

Nicht einmal beim Abgang von Bundesbank-Präsident Axel Weber vergossen die finanzhörigen Massenmedien so viele Tränen wie über den Rücktritt des Chefvolkswirts der Europäischen Zentralbank, Jürgen Stark an diesem Wochenende. Stark galt vielerorts als (fast) letzter Stabilitätsanker in einer EZB, die unter dem Druck der Eurokrise immer mehr vom rechten geldpolitischen Kurs abkommt. An den Finanzmärkten wurde er deshalb gelegentlich auch „der deutsche Schäferhund“ genannt. Stark war gegen den Aufkauf der Staatsanleihen bedrängter Euroländer durch die EZB, und natürlich war er auch gegen Eurobonds. Dabei ist die EZB mit dem Ankauf von Anleihen nur in die Bresche gesprungen, die durch das Versagen der Politik entstanden war.

Doch was für ein Stabilitätsapostel geht da eigentlich? Stark steht als Monetarist für das einseitigste Stabilitätskonzept, das sich überhaupt denken lässt, das der reinen Geldwertstabilität. Als Verfechter einer strikt antiinflationären EZB-Politik steht er natürlich vor allem bei den Geldkapitalbesitzern hoch im Kurs. Starks Konzept besteht letztlich darin, die Krise durch Depression zu bekämpfen. Dabei ist selbst der Vertrag von Maastricht, dem auch die EZB verpflichtet ist, mit dem Motto „Für Stabilität und Wachstum“ überschrieben. Von anderen Zentralbanken, wie der US-amerikanischen FED, die auch der Beschäftigungsentwicklung verpflichtet sind, wollen wir hier gar nicht erst reden.

Es ist oft so, dass Dogmatiker über ihr eigenes Dogma fallen, wenn dieses durch die Realität über den Haufen geworfen wird. Ob der zum Nachfolger Stark nominierte deutsche Finanzstaatssekretär Jörg Asmussen besser mit der Realität der Eurokrise klar kommen wird? Vielleicht. Doch der Kontinuitätsbruch ist nicht so groß wie von der Wirtschaftspresse betrauert. Denn Asmussen gilt zwar als pragmatisch und unideologisch, was man jedoch nur gelten lassen kann, wenn man den Neoliberalismus nicht für eine Ideologie hält. In Wirklichkeit entstammt er trotz SPD-Parteibuch derselben Seilschaft, aus der auch der ehemalige Berater der Bundeskanzlerin stammt, Jens Weidmann, der auf Weber an der Spitze der Bundesbank und im EZB-Rat gefolgt ist. Beide sind Ziehkinder und Schüler von Axel Weber und kommen aus der „Bonner Schule“ der „Ordnungspolitik“ (>>> Deutschlands verwirrende Rolle in der Eurokrise). Asmussen, der unter SPD-Finanzminister Eichel ein gigantisches Deregulierungswerk in Szene setzte, um hernach unter Steinbrück und Schäuble als Krisenmanager zu agieren, hat gezeigt, dass er mehreren Herren dienen kann (>>> Die Schattenregierung; >>> Schattenmann Asmussen unter Beschuss). Vielleicht vollzieht er ja eine ähnliche Korrektur wie Steinbrück, der seit neuestem nicht nur für Eurobonds, sondern für die Transformation der Europäischen Währungsunion zu einer Transferunion ist.

Die Globalisierung im Krisenmodus

Wer redet eigentlich noch von Globalisierung? Im Vergleich zu den 1990er Jahren oder zum Anfang des neuen Jahrhunderts hat die Häufigkeit, in der das G-Wort in den Massenmedien benutzt wird, deutlich abgenommen – in der „Le Monde“ beispielsweise seit dem Beginn des letzten Jahrzehnts um 80%. Das hängt auch damit zusammen, dass die Globalisierung selbst in den Krisenmodus übergegangen ist. Seit 2007/08 redet alle Welt von der globalen Wirtschafts- und Finanzkrise. Die Schatten der großen Krise sind länger, als viele vor drei Jahren vorausgesagt hätten. Die Globalisierung zeigt sich von ihrer dunklen Seite, z.B. als Globalisierung von Armut, Elend und Arbeitslosigkeit.

Während das erneute Beben des Finanzsektors in diesem Sommer auf die Gefahr des Rückfalls in eine zweite Rezession („double-dip“) hindeutet, sind die sozialen Konsequenzen der Krise noch nicht einmal ansatzweise behoben. Die globale soziale Krise steht deshalb im Mittelpunkt des diesjährigen Weltsozialberichts der Vereinten Nationen. In einer neuen Ausgabe der W&E-Vierteljahresberichte zur Weltwirtschaft (s. Abb.) stellt Gabriele Köhler den neuen UN-Report vor, mit deutlich kritischeren Untertönen übrigens, als sie sonst bei W&E-AutorInnen üblich sind.

Auch die ausländischen Direktinvestitionen, ein herausragender Indikator von Globalisierung und internationaler ökonomischer Verflechtung, befinden sich seit zwei Jahren im Krisenmodus. Die aktuelle Entwicklung der Direktinvestitionen hinkt immer noch hinter der Erholung des Outputs und des Welthandels her. Aufschlussreich ist hier der neue Weltinvestitionsbericht (WIR) der UNCTAD. Direktinvestitionen zeichnen sich per definitionem dadurch aus, dass über sie ein entscheidender Anteilsanteil an einem Unternehmen im Gastland angestrebt wird, wenn die neue Niederlassung nicht ohnehin ganz in den Händen des ausländischen Unternehmens liegt. Wie der Bericht zeigt, wird inzwischen aber immer deutlicher, dass transnationale Unternehmen auch ohne die Kontrolle des Aktienkapitals die Geschäftspolitik von Unternehmen im Süden bestimmen können. Dies findet über zahlreiche Formen des Subcontracting statt – ein Globalisierungsindikator, der bislang oft vernachlässigt wurde, in dem neuen WIR aber ausführlich behandelt wird.

Eher auf der Sonnenseite der Globalisierung sehen sich inzwischen zahlreiche Schwellenländer, die wie in Lateinamerika recht gut durch die globale Krise gekommen sind. Andrés Valesco, eine weiterer Autor des neuen Vierteljahresberichts, macht jedoch deutlich, wie trügerisch der aktuelle Wirtschaftsboom Lateinamerikas möglicherweise ist: Schon öfter mündete ein Höhenflug auf dem Kontinent in einem verlorenen Jahrzehnt.

* Vierteljahresberichte zur Weltwirtschaft: W&E-Hintergrund September 2011 >>> hier.

10. September 2011

G7-Finanzminister: Gefangen in den eigenen Widersprüchen

Die Finanzminister und Notenbankpräsidenten kamen überein, in ihren Ländern unterschiedliche Strategien umzusetzen. So etwa könnte man die Quintessenz des G7-Treffens zusammenfassen, das an diesem Wochenende in Marseille stattfand. Die G7? Brauchen wir die überhaupt noch? Die G7 haben – anders als die G20 – gemeinsame Interessen und sind so klein, dass sie zügig zu entschlossenem Handeln finden können, sagen die Befürworter. Die neueste Edition des G7-Finanzministertreffens produzierte jedoch alles andere als das „kühne Handeln“, das die neue Direktorin des IWF, Christine Lagarde, in einer Rede am Vorabend des Treffens für die „neue, gefährliche Phase der weltwirtschaftlichen Entwicklung gefordert hatte, und zwar „jetzt“.

Die schmalen „Terms of reference“, die die G7-Minister und Zentralbankchefs in Marseille doch noch zu Papier gebracht haben (ursprünglich sollte es gar kein Kommuniqué geben), sprechen von einem „delikaten Balanceakt“ zwischen fiskalischer Konsolidierung und neuen Konjunkturstimuli. In Wirklichkeit aber balanciert kaum einer. Außer vielleicht der US-amerikanische Präsident Obama, der das neue Diktum der IWF-Chefin von der Notwendigkeit einer kurzfristigen Unterstützung der wirtschaftlichen Erholung, bei gleichzeitiger mittelfristiger Konsolidierung begierig aufgegriffen und in dieser Woche ein neues Programm für Wachstum und Beschäftigung in Höhe von 450 Mrd. Dollar angekündigt hat. Wie weit er damit durchkommt angesichts der Obstruktionspolitik der Republikaner, steht auf einem anderen Blatt. Vor allem die europäischen G7-Länder mit Deutschland und Großbritannien an der Spitze verfolgen jedoch ziemlich ungerührt weiter einen rigiden Austeritätskurs – da mag Lagarde wie Anfang der Woche im „Spiegel“ noch so unmissverständlich nach einem deutschen Konjunkturprogramm rufen.

Dabei liegen die Warnungen vor einem Rückfall in eine zweite Rezession inzwischen offen auf dem Tisch. Noch recht moderat hat der neue Trade & Development Report der UNCTAD am letzten Dienstag davor gewarnt, dass die Konjunktur in den Industrieländern an Schwung verliert und wie gefährlich in dieser Situation die Einstellung staatlicher Anreize sein kann. Erheblich drastischer war da, wie die OECD am Donnerstag die Wachstumsprognosen für die G7-Ökonomien nach unten korrigierte. Danach wird sich das Wachstum in der zweiten Hälfte des Jahres 2011 nur noch auf unter 1% (Jahresrate) belaufen, während im Mai noch 3% prognostiziert worden waren. Besonders drastisch wird das Wachstum danach zum Ende des Jahres in Deutschland einbrechen; für das vierte Quartal sagt die OECD einen Rückgang von 1,4% voraus. Wie abgehoben von der Realität müssen deutsche Politiker inzwischen eigentlich sein, wenn selbst die Warnungen der OECD ihr Schönwettergerede nicht zum verstummen bringen?