6. Mai 2011

DEVETAX 2020: Finanzämter für die Dritte Welt

Ein ungewöhnlicher, aber dennoch sehr vernünftiger Vorschlag kommt aus einer unvermuteten Ecke des Europäischen Parlaments. "220 Finanzämter bis 2020" – mit dieser Forderung hat der CSU-Europaabgeordnete Martin Kastler (s. Foto) in dieser Woche seine Kollegen im EP-Entwicklungsausschuss überrascht. Hintergrund ist ein von ihm als Entwicklungspolitischer Sprecher der CSU vorgeschlagenes EU-Programm DEVETAX 2020 zur Weiterentwicklung der Budgethilfe und zur Stärkung des öffentlichen Finanzmanagements in den Ländern der AKP-Gruppe. Jahr für Jahr gingen dort Milliardenbeträge eigenen Steueraufkommens durch fehlende Finanzinfrastruktur und Korruption verloren. Das will Kastler ändern und fordert ein konzentriertes Engagement der EU.

Auf die Idee dieses Programms gekommen war Kastler in seiner Rolle als Schattenberichterstatter zum Grünbuch Budgethilfe der Europäischen Kommission, die dort für eine Fortführung und einen weiteren Ausbau der milliardenschweren, bedingungslosen Direktzahlungen an Regierungen und Regimes der Entwicklungsländer plädiert. Kastler - und mit ihm viele seiner Kollegen im Europäischen Parlament - sehen das kritisch: "Die Budgethilfe ist kein Erfolgskonzept. In den vergangenen Jahren haben wir viel Geld überwiesen, haben Missbrauch toleriert - ohne große, nachweisbare Erfolge in der Förderung von Demokratie, Menschenrechten und Selbstständigkeit der Staaten", sagt Kastler - der selbst ein Freund der Projekthilfe ist: "Diese Arbeit erfolgt vor Ort und mit den Menschen - das ist ihr Erfolgskonzept."

Die Budgethilfe ganz abschaffen will er deshalb aber nicht. Folgender innovativer Weg schwebt ihm vor: DEVETAX 2020, so Kastler, könne ein Programm innerhalb der bestehenden Budgethilfe sein, das - zweckgebunden - den Staaten helfe, ein tragfähiges öffentliches Finanzmanagement aufzubauen. "Dabei sind die 220 neuen, vernetzten und leistungsfähig ausgestalteten Finanzämter bis 2020 nur ein Ziel von vielen." Weiter gehe es darum, entsprechendes Personal vor Ort zu schulen, die parlamentarische Kontrolle durch funktionierende und unabhängige Rechnungshöfe zu stärken sowie die Finanzreformen in die Fläche, also auch in ländliche Regionen zu tragen. Die Entwicklungszusammenarbeit kennt dafür den Sammelbegriff des "capacity development".

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