29. August 2010

Sarkozys Hoffnung: Frankreichs Agenda für die G20-Präsidentschaft

Auch in normalen Zeiten liegt dem französischen Präsidenten Nicolas Sarkozy der Glamour internationaler Auftritte mehr als die Mühen der französischen Ebene. Umso hoffnungsfroher mag er sein, dass am Ende des selbstverschuldeten Stimmungstiefs das Licht einer internationalen Präsidentschaft leuchtet: Zur Einstimmung auf die Übernahme der G20-Präsidentschaft im November durch Frankreich nutzte Sarkozy die traditionelle Rede vor seinen Diplomaten im Elysee-Palast in der letzten Woche zur Präsentation der französischen Agenda für die Gruppe der wichtigsten Industrie- und Schwellenländer im nächsten Jahr. Sein Programm enthält Vorschläge zur Zurückdrängung der Währungsschwankungen, zur Eindämmung der Rohstoffspekulation und eine Beschleunigung der Reform der internationalen Institutionen. Vor einem „geschäftsmäßigen Weiter so“ will er die G20 bewahren.

Im Einzelnen erneuerte Sarkozy seinen Ruf nach einer grundlegenden Reform des internationalen Währungssystems, vermied zwar die Rede von einem „Neuen Bretton Woods“ und einer Rückkehr zu einem System fester Wechselkurse, insistierte aber auf „Mechanismen zur Vermeidung exzessiver Wechselkursvolatilität“. Zu seinen Vorschlägen gehört auch eine erneute Debatte über ein internationales Versicherungsschema, das die Auftürmung von Währungsreserven in den Schwellenländern überflüssig macht, und eine Erhöhung der Sonderziehungsrechte beim Internationalen Währungsfonds. Desweiteren will Sarkozy eine Debatte über die Doktrin der internationalen Kapitalbewegungen: In Ländern, die vom ausländischen Kapital abhängig sind, müsse es möglich sein, in Zeiten der Krise Kapitalverkehrskontrollen einzuführen. Schließlich schlug er einen neuen Konsultationsrahmen für Wechselkursentwicklungen vor und kündigte an, Frankreich werde auf eine striktere Regulierung von Rohstoffderivaten und neue internationale Mechanismen – etwa die Subventionierung der Lagerhaltung – zur Verringerung der Preisfluktuation bei Nahrungsmitteln.

Sarkozy bleibt damit einem zentralen Paradoxon seiner Politik treu: Der progressive Tonfall seiner internationalen Auftritte geht im Innern mit dumpf-reaktionärem Populismus einher, wie zuletzt in der Roma-Frage. So unerträglich die französische Abschiebepolitik ist, so vernünftig sind die Forderungen nach einer Reform des internationalen Finanzsystems. Es fragt sich nur, ob die Hoffnung auf die Steigerung des internationalen Standings den inneren Prestigeverlust kompensieren kann. Nicht nur wegen der wachsenden Glaubwürdigkeitslücke, sondern auch, weil sich in so mancher G20-Hauptstadt handfester Widerstand gegen die besten Vorschläge zur Reregulierung der Weltwirtschaft organisiert hat.

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