5. Oktober 2009

G20 als Herausforderung für die NGOs

Viele NGOs haben Schwierigkeiten, sich auf die neue Situation, die mit der Ablösung der G8 durch die G20 entstanden ist, einzustellen. So ist denn auch auf so mancher der zahlreichen Strategiediskussionen, die hier in Istanbul stattfinden, nicht der IWF oder die Weltbank das Hauptthema, sondern unterschwellig die G20. Robert Wade von der London School of Economics, der gestern auf dem Böll-Forum auftrat, hält sie für ein Übergangsphänomen, einen „interim body“, der nicht lange Bestand haben wird.

Wades Hauptargument: Die G20 sei in ihrer Zusammensetzung zu starr und weise kein einziges Moment der Rotation auf, durch das auch mal andere Länder, außerhalb des Klubs, zum Zuge kommen könnten. Für ein funktionsfähiges zentrales Steuerungsgremium ökonomischer Global Governance seien überhaupt nur vier permanente Mitglieder erforderlich: die USA, die EU, China und Japan. Alle übrigen Mitgliedsländer könnten nach regionalem Proporz oder wirtschaftlichen Kriterien rotieren.

Robert Wade hat Recht, wenn er sagt, dass sich die Legitimität eines Gremiums nicht nur an seiner Zusammensetzung, sondern auch an seinem Zustandekommen entscheide, und gerade da bleibt die G20 ein Kind der G7. Wade rät den NGOs, künftig drei Schwerpunkte stärker zu berücksichtigen: Erstens sollten sie auf die weltweit wachsende Ungleichheit der Einkommen hinweisen. Zweitens sollten sie die Suche nach neuen Wachstumsmodellen vorantreiben. Und drittens sollten sie vor allem regionale Organisationen unterstützen. Schließlich steige für die zentralen bzw. globalen Einrichtungen, wie G20 oder auch IWF und Weltbank, der Druck zur Veränderung in dem Maße, wie sie regionale Konkurrenz bekämen. Einkommensungleichheit und neue Wachstumsmodelle seien nicht von ungefähr tabu an der Spitze der Global Governance.

Andererseits: Die G7/G8 waren erheblich weniger repräsentativ als die G20. Das hinderte sie aber nicht daran, gut drei Jahrzehnte an der Spitze der Global-Governance-Pyramide zu stehen. Zwischen dem Ölschock Mitte der 1970er Jahre, der ihr zum Leben verhalf, bis zur großen Finanzkrise, in der sie obsolet wurde, lag eine ganze weltökonomische Epoche – keine Übergangsetappe.

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