20. Juni 2009

Obamas Finanzmarktreform: Und wer reguliert die Regulierer?

Gastkommentar von Dean Baker

Es gibt viele nützliche Elemente in den Vorschlägen von Präsident Obama für eine Reform der Finanzmarktregulierung. Am bemerkenswertesten ist der Plan zur Schaffung einer Agentur, die sicherstellt, dass alle Finanzprodukte fair und transparent für die VerbraucherInnen sind. Das ist ein großer Schritt nach vorn. Eine solche Agentur hätte viele der schlimmsten Missbräuche auf dem Subprime-Markt verhindern können.

Auch der Vorschlag, die Regulierungsbehörden mit Vollmachten gegenüber außerbanklichen Finanzinstitutionen auszustatten, ist sinnvoll. Solche Befugnisse hätten den Umgang der Regulierungsbehörden mit dem Zusammenbruch von Bear Stearns, Lehman Brothers und AIG leichter gemacht.

Darüber hinaus ist auch die Bestimmung, dass sich Hedgefonds und Private-Equity-Fonds künftig bei der Börsenaufsichtsbehörde SEC registrieren müssen, ein Schritt zu mehr Transparenz, auch wenn nicht klar ist, wie viel von diesen Informationen öffentlich verfügbar sein wird, wenn überhaupt. Die Vorschrift, dass Derivate künftig über Clearingstellen gehandelt werden müssen, wird einige der schlimmsten Missbräuche in diesem Bereich abstellen. Dennoch wäre es besser gewesen, wenn diese börslich gehandelt und nicht-standardisierte Derivate stark entmutigt worden wären. Das wäre ein weiterer Gewinn an Transparenz und würde auch zu niedrigeren Transaktionskosten führen.

Die Prinzipien für eine andere Vergütung von Vorstandmitgliedern sind ebenfalls sinnvoll, doch man wird sehen müssen, wie effektiv das bei den eingefahrenen Praktiken durchgesetzt werden kann.

Es gibt einige Bereiche, in denen die Vorschläge vor offensichtlich notwendigen Schritten zurückschrecken, indem etwa Interessenkonflikte nicht direkt angegangen werden. Ein solcher Interessenkonflikt besteht, wenn ein Unternehmen eine Ratingagentur engagiert und bezahlt, um die eignen Produkte zu bewerten. Dies könnte einfach dadurch vermieden werden, dass eine unabhängige Stelle (z.B. die Börse) die Ratingagentur auswählt. Wenn dies nicht direkt durch das Unternehmen geschieht, hätte die Ratingagentur keinen Anreiz mehr, eine unehrliche Bewertung der betreffenden Produkte vorzunehmen.

Das größte Problem der Finanzmarktreform der Obama-Administration ist aber, dass sie davon ausgeht, die Ursache der ökonomischen Krise sei eine inadäquate Regulationsstruktur und nicht das Scheitern der Regulierer. Die Kernursache dieser Krise bestand nicht darin, dass die Regulierungsbehörden nicht in der Lage waren einzugreifen, bevor es zu spät war. Vielmehr trafen die Regulierer, allen voran die Zentralbank FED, die Entscheidung, ihre Macht nicht zu gebrauchen, um in die Entstehung einer Immobilienblase einzugreifen.

Die Diskussion über die Finanzfragen hat stark dazu beigetragen, die zentrale Bedeutung der Immobilienblase für die Krise zu überdecken. Wenn es keine CDS (Kreditausfall-Swaps), CDOs (Collateralized Debt Obligations) oder Subprime- und Alt-A-Immobilienkredite gegeben hätte, doch die Immobilienblase auf 8 Billionen Dollar angewachsen wäre, wären wir dennoch in fast derselben Situation wie heute.

Der Wohnungsbau wäre aufgrund des enormen Überangebots auf dem Wohnungsmarkt zusammengebrochen und der Konsum wäre aufgrund der Vermögensverluste der Haushalte in Höhe von 8 Billionen Dollar eingebrochen. Die durch gescheiterte Regulierung verursachten finanziellen Probleme verkomplizieren das Bild, das aber im Grunde genommen einfach das einer geplatzten Blase mit anschließendem Nachfrageeinbruch ist.

Die Politiker und Regulierer haben ein unmittelbares Interesse daran, die Krise als Ergebnis eines inadäquaten Regulationsapparates und nicht als durch das Scheitern der Regulierer verursacht darzustellen. Denn gescheiterte Regulierer gehören entlassen. Indem er diese gescheiterten Regulierer nicht zur Verantwortung zieht, legt dieser Reformvorschlag zugleich die Grundlagen für die nächste Krise.

Selbst perfekte regulatorische Strukturen werden nicht funktionieren, wenn die Regulierer nicht ihren Job tun. Und sie werden dazu auch gar keinen Anlass haben, wenn ihr Scheitern keine Konsequenzen nach sich zieht. Im Fall der derzeitigen Krisen haben wir das größtmögliche Regulationsversagen miterlebt. Das war wie ein betrunkener Schulbusfahrer, der alle seine Passagiere umbringt, indem er in den Gegenverkehr rast, und dennoch nicht zur Rechenschaft gezogen wird. Die Botschaft an die künftigen Regulierer lautet deshalb: Folgt einfach der tonangebenden Macht, d.h. der Finanzindustrie, und Ihr werdet niemals irgendwelche negativen Konsequenzen zu tragen haben.

Dean Baker ist Co-Direktor des Center for Economic and Policy Research (CEPR) in Washington DC.

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