11. September 2008

Doing Business-Report der Weltbank weiterhin skandalträchtig

Der gerade veröffentlichte Weltbank-Bericht Doing Business 2009, der das Investitionsklima in über 100 Ländern der Welt misst, zieht auch in diesem Jahr die Kritik der internationalen Gewerkschaften auf sich. So weist der Internationale Gewerkschaftsbund (ITUC) darauf hin, dass es für das Ranking eines Landes positiv zu Buche schlägt, wenn es die Kernarbeitsnormen der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) nicht ratifiziert hat.

In Doing Business 2009 wird darüber hinaus auch in diesem Jahr behauptet, es gebe einen Zusammenhangs zwischen dem sog. Beschäftigungsindikator und der wirtschaftlichen Entwicklung eines Landes. Der Beschäftigungsindikator listet solche Länder auf Spitzenplätzen auf, die das niedrigste Niveau an Arbeitsplatzsicherheit und sozialem Schutz haben. Dabei widersprechen derartige Behauptungen selbst den Erkenntnissen der Internen Evaluierungskommission der Weltbank. Diese erklärte im letzten Juni, dass es keine Belege für ursächliche Zusammenhänge zwischen schlechten Arbeits- und Sozialverhältnissen und positiven wirtschaftlichen Ergebnissen gäbe und warf den Doing-Business-Autoren vor, die Erklärungskraft ihrer Indikatoren stark zu übertreiben.

Falsch sei auch die Behauptung, so der ITUC in einer ersten Analyse des neuen Reports, dass „eine Volkswirtschaft die nach den Messungen von Doing Business flexibelsten Arbeitsbestimmungen haben und dies gleichzeitig mit den ILO-Kernarbeitsnormen vereinbar sei“. In Wirklichkeit hat keines der ersten vier Länder auf dem Doing-Business-Index (Asserbaidjan, Albanien, Kirgisien und Weißrussland) alle ILO-Konventionen zu Kernarbeitsnomen ratifiziert. Zwei von ihnen haben keine einzige Konvention ratifiziert, ein Land hat nur zwei von acht ratifiziert.

Die Weltbank und der IWF haben die Doing-Business-Indikatoren in zahlreichen Fällen dazu benutzt, um Regierungen zum Abbau von Schutzbestimmungen für Arbeitnehmer zu raten und die Ausgaben für soziale Sicherheitsnetze zu kürzen. In einigen Fällen flossen diese Empfehlungen auch in die Kreditkonditionen ein, selbst wenn sie den erklärten Zielen der Bank wie der Armutsbekämpfung entgegenstehen. Beispielsweise unterstützt der Bericht die Reduzierung der Mindestlöhne in Brasilien, weil deren Erhöhung durch die gegenwärtige Regierung dem niedrigen Schwellenwert widerspricht, die Doing Business den Unternehmern zumuten will. Gleichwohl wird in der „Country Partnership Strategy“ der Weltbank für Brasilien anerkannt, dass das Wachstum der Mindestlöhne ein wesentlicher Beitrag zur Reduzierung der Armut im Lande war.

Auf der anderen Seite findet sich Weißrussland bei Doing Business auf einem Spitzenplatz, obwohl es von der ILO aufgrund seines autoritären Umgangs mit Arbeitnehmern verurteilt wurde und die Verletzung der Kernarbeitsnormen die EU dazu veranlasst hat, das Land vom Allgemeinen System der Handelspräferenzen auszuschließen. „Man wundert sich, welchen Dienst Doing Business und die Weltbank denen erweisen wollen, die in einem Land Geschäfte machen wollen, das wegen seiner inakzeptablen Arbeitsstandards von dem größten zusammenhängenden Markt der Welt ausgeschlossen wurde“, kommentiert ITUC-Generalsekretar Guy Ryder. Diese Publikation wird jedenfalls nicht gerade dazu beitragen, die Bestrebungen der Bank zu befördern, sich als wichtigste „Wissensbank“ der Welt zu etablieren.

2 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Wer, wie Doing Business, Deutschland mit Georgien vergleichen will, dem ist schlicht und einfach nicht mehr zu helfen.
Nichts als gnadenlose Verarschung und Propaganda ist der Report.

Je weniger Arbeitnehmerrechte, desto besser (Georgien: keine).
Menschenverachtend!

Anonym hat gesagt…

Ob der Doing Business "skandalträchtig" bzw. sogar eine "Verar...." ist möchte ich nicht bewerten. Sicherlich ist er aber nicht unumstritten und dies wird leider viel zu wenig wahrgenommen. Gerade die Online Ausgaben vieler großer Zeitungen übernehmen anscheinend nur zu gerne unreflektiert die Pressemitteilung des Doing Business Projektes und behaupten dann tatsächlich "Standort Deutschland fällt hinter Mauritius zurück". Das der Doing Business – selbst wenn man alle methodischen Bedenken ausklammert – mit dem Regulierungsumfeld nur einen kleinen Teil der für Unternehmensentwicklung relevanten Faktoren eines Standortes erfasst, wird meistens leider nicht erläutert.

Dies ist umso erstaunlicher, als doch die kritische Evaluierung durch die Independent Evaluation Group (IEG) der Weltbank durchaus Wirkung zeigte und der diesjährige Doing Business an prominenter Stelle in der Einleitung auf die eigenen Limitierungen eingeht. Obwohl dies sicherlich ein erster wichtiger Schritt zur besseren Einordnung des Berichtes ist, erscheint es nach wie vor fraglich ob die immanenten Schwächen des Doing Business behoben werden können und dadurch die Relevanz des Berichtes im Hinblick auf die Erklärung von Privatsektorentwicklung und wirtschaftlicher Dynamik gesteigert werden kann.

Exzellente kritische Studien zum Doing Business sind z.B. „Be careful when Doing Business“; „Can we rank legal systems according to their economic efficiency?” und
"Pitfalls to Avoid when Measuring the Institutional Environment: Is ‘Doing Business’ Damaging Business?". Am Deutschen Institut für Entwicklungspolitik (DIE) haben wir ebenfalls den Doing Business seit Jahren kritisch verfolgt, einige Ergebnisse dieser Arbeit finden sich hier.