28. November 2007

EPA-Durchbruch? Oxfam warnt vor Dominoeffekt

Gestern vereinbarte die East African Community (EAC) mit der Europäischen Union (EU) in Kampala ein Abkommen zum Güterhandel. Danach wird die EAC innerhalb von 15 Jahren ihre Märkte für 80 Prozent der europäischen Güter öffnen. Das Abkommen umfaßt die Agrar- und Industriegüter, wobei der Großteil der Liberalisierung zunächst im Industriegüterbereich erfolgt. Bis Mitte 2009 soll ein vollständiges Freihandelsabkommen unterzeichnet werden. Etwa ein Fünftel des EAC-Handels wird von dieser Liberalisierung vollständig ausgenommen.

Am vergangenen Freitag hatte auch die Southern African Development Community (SADC) einem Interimsabkommen mit der EU zum Warenhandel zugestimmt. Die internationale Entwicklungsorganisation Oxfam befürchtet, daß die Unterzeichnung der beiden Abkommen einen Dominoeffekt in anderen AKP-Regionen (AKP: Afrika, Karibik, Pazifik) haben könnte. „Die anderen Entwicklungsländer geraten zunehmend unter Druck, ebenfalls einem Freihandelsabkommen mit der EU zuzustimmen, obwohl dies verheerende Folgen für ihre wirtschaftliche und industrielle Entwicklung sowie für die Existenzgrundlagen ihrer Kleinbauern hätte“, kritisiert Marita Wiggerthale von Oxfam Deutschland.

Oxfam liegt die letzte bekannt gewordene Version des geplanten Abkommens zwischen EU und SADC vor. Danach wollen alle SADC-Staaten einem Güterhandelsabkommen bis zum Ende des Jahres zugestimmen. Mosambik, Swasiland, Botswana und Lesotho wollen darüber hinaus Verhandlungen bei Dienstleistungen und Investitionen im Jahr 2008 fortsetzen. Drei dieser Länder sind die kleinsten der Region und zum Teil stark von europäischen Geldern abhängig. „Sie wurden wohl extra von der Kommission herausgegriffen, um den Widerstand der anderen zu schwächen“, vermutet Wiggerthale. Laut Wiggerthale wurden die AKP-Länder von der EU-Kommission vor die Wahl gestellt, entweder ein Freihandelsabkommen für den Warenhandel zu unterzeichnen, das nicht in ihrem Interesse ist, oder, wenn sie nicht unterzeichnen, die jetzt noch bestehenden Handelsvorteile zu verlieren. Dabei seien diese Länder im großen Maße von der EU abhängig: als Absatzmarkt für ihre Güter oder als Empfänger finanzieller Hilfen.

23. November 2007

Regierung will Finanzmärkte für Klimaschutzziele nutzen

Die Bundesregierung will die Finanzmärkte "aktiv einbinden", um ihre Umwelt- und Klimaschutzziele zu erreichen. Darauf verweist sie in ihrer Antwort (16/7093) auf eine Kleine Anfrage von Bündnis 90/Die Grünen (16/6719) zu Nachhaltigkeits- und Klimaschutzstrategien im Finanzsektor. Aus Sicht der Regierung spielen die Finanzmärkte eine wesentliche Rolle, wenn es um die Umsetzung dieser Strategien geht. Dies beziehe sich zum einem auf die Minderung von Treibhausgasen und zum anderen auf Anpassungsstrategien im Hinblick auf die Folgen des Klimawandels. Zugleich will die Regierung nach eigener Aussage die ökonomischen Rahmenbedingungen verbessern, um Investitionen in neue, innovative Umwelt- und Klimaschutztechniken zu fördern. Darüber hinaus solle ein intensiverer Dialog mit den Finanzdienstleistern über die Risiken des Klimawandels und die Chancen nachhaltiger Investments sowie über den Abbau von Finanzierungshemmnissen bei innovativen Umwelt- und Klimaschutztechnologien geführt werden.

Auf die Frage der Bündnisgrünen, was die Bundesregierung von einem einheitlichen Label hält, um nachhaltige Geldanlagen klassifizieren zu können, heißt es in der Antwort, angesichts der vielfältigen Anlageformen scheide ein solches Label auf gesetzlicher Grundlage aus. Es bleibe vielmehr der jeweilige Branche überlassen, selbst Standards zu entwickeln und ein Label zu vergeben, um die Besonderheiten der jeweiligen Anlageform angemessen berücksichtigen zu können. Es sei zu beobachten, daß zu deutschen Banken gehörende Kapitalanlagegesellschaften zunehmend Umweltschutz- und Ethikfonds auflegen. Die Regierung sieht darin auch eine Reaktion auf die international gestiegene Nachfrage institutioneller Investoren nach nachhaltigen Investments. Diese Entwicklung einer "vertieften Berücksichtigung von Nachhaltigkeitskriterien" sei zu begrüßen. Neue Risikotransferinstrumente der Versicherungswirtschaft wie etwa Katastrophenanleihen und andere Risikoverbriefungsprodukte hält die Regierung für eine "sinnvolle Ergänzung" der traditionellen Rückversicherung.

Chancen für den deutschen Finanzmarkt sieht die Regierung der Antwort zufolge auch in der Verknüpfung des EU-Emissionshandelssystems mit anderen Emissionshandelssystemen. Die EU-Marktteilnehmer hätten aufgrund ihrer Erfahrungen gute Chancen in diese Märkte einzusteigen. In Deutschland gebe es einen funktionierenden privatwirtschaftlichen Markt für Emissionsberechtigungen, heißt es weiter. Die Regierung unterstützt nach eigener Aussage auch die wettbewerbsneutrale Einbeziehung des Flugverkehrs in den Emissionshandel. Dessen Vorteil liege darin, daß Emissionsminderungen dort stattfinden, wo sie am günstigsten sind.

21. November 2007

Die Linke im Bundestag: Aktionsplan zur Kontrolle der Finanzmärkte gefordert

Die Bundesregierung muß nach Auffassung der Linkfraktion eine Vorreiterrolle übernehmen, um Regulierungslücken auf den Finanzmärkten zu schließen, die während der jüngsten Turbulenzen offenkundig wurden. In einem Antrag an den Bundestag (16/7191) fordert die Fraktion, die Basel-II-Regelungen über Eigenmittelanforderungen an Banken so zu überarbeiten, daß auch Finanzmarktakteure wie Kreditverbriefungs- und Zweckgesellschaften erfaßt werden. Makroökonomische Risiken sollten besser berücksichtigt und die Abhängigkeit von Rating-Agenturen und bankinternen Risikomodellen verringert werden, heißt es darin. Die Abgeordneten fordern "öffentliche und unparteiische" Rating-Agenturen. So lange es diese nicht gebe, müsse die Regierung eine Initiative ergreifen, um ein staatliches Zulassungsverfahren und eine öffentliche Qualitätskontrolle für die bestehenden Rating-Agenturen zu schaffen.

Darüber hinaus tritt die Fraktion „Die Linke“ für eine Mindestkapitalpflicht für Geschäfte von Banken mit Hedgefonds und für eine Tobin-Steuer ein, um kurzfristige Geschäfte unattraktiver zu machen und um bei Turbulenzen auf den Finanzmärkten "mehr Zeit zum Handeln" zu gewinnen. Ferner will die Linksfraktion die Praxis des Kreditverkaufs in Deutschland einschränken. Kreditverkäufe ohne Zustimmung des Kreditnehmers seien abzulehnen. Im Zentrum der Geschäftstätigkeit von Landesbanken müsse die Unternehmensfinanzierung stehen.

Riskante Anlagen ohne strukturpolitischen Nutzen seien zu vermeiden. Einschränken wollen die Abgeordneten die Anlagemöglichkeiten von betrieblichen Pensionsfonds und privaten Altersvorsorge-Fonds in risikoreichen Finanzprodukten. Dagegen wollen sie die Haftung von Unternehmensvorständen und Aufsichtsräten erweitern. Dies solle vor allem für die Haftung für falsche Kapitalmarktinformationen gelten. Die Linke plädiert darüber hinaus dafür, die Börsenumsatzsteuer wieder einzuführen und in der Wirtschaftspolitik eine Wende von einer "aggressiven Exportorientierung" hin zu einer Binnenorientierung zu vollziehen. Dazu solle im Haushalt 2008 der Einstieg in ein beschäftigungsorientiertes, mittelfristiges Zukunfts- und Investitionsprogramm vorgesehen werden.

20. November 2007

G20-Reform-Agenda nach dem Sinatra-Prinzip

Etwas verspätet hat die südafrikanische Regierung die Dokumente des Finanzminister- und Zentralbank-Treffens vom vergangenen Wochenende auf die G20-Website gestellt. Neben dem offiziellen Kommuniqué findet sich dort auch eine Reform-Agenda 2007. Damit soll das „G20-Übereinkommen zu anhaltendem Wachstum“ umgesetzt werden. Das dreiseitige Papier hält allerdings eher das fest, was die einzelnen Mitgliedsländer der G20, jedes für sich, sowieso machen und belegt, daß auch die G20 über das im wesentlichen von der G7/G8 praktizierte Sinatra-Prinzip („I do it my way“) nicht hinauskommen.

Zwei Beispiele: Die Mitglieder der EU verfolgen nach diesem Dokument Strukturreformen als Teil der erneuerten Lissabon-Strategie, um die Vorteile der Globalisierung voll zu nutzen. Argentiniens wirtschaftspolitisches Hauptziel besteht demgegenüber in der Erzielung anhaltenden Wirtschaftswachstums und zugleich einer Sozialpolitik, die auf die Reduzierung der Ungleichheit zielt. Dabei werde inneren Ersparnissen als Quelle der Investitionsfinanzierung der Vorrang gegeben, um die Verwundbarkeit gegenüber internationalen ökonomischen Schwankungen zu minimieren. – Unterschiedlicher könnten die wirtschaftspolitischen Ziele nicht formuliert sein. Fragt sich nur, was am Ende dabei herauskommt, selbst wenn das alles nach Wort und Geist umgesetzt würde.

18. November 2007

G20-Ergebnisse: Geteilte Verantwortung statt einseitiges Blamegame

Das hatten die südafrikanischen Gastgeber geschickt ausgesucht, das Motto zu diesem 9. Treffen der Finanzminister und Zentralbanker der G20-Länder, zu denen neben den traditionellen Industrieländern des Nordens auch die wichtigsten Schwellenländer des Südens gehören. Es lautete: „Sharing – Influence, Responsibility, and Knowledge“ – also etwa „Einfluß, Verantwortung und Wissen teilen“. Auf den im Vorfeld heftig umstrittenen Umgang mit den globalen Währungsungleichgewichten (s. vorheriger Eintrag) angewendet, heißt dies, die „geordnete Rückführung der globalen Ungleichgewichte“ müsse „in geteilter Verantwortung“ erfolgen, wie es in dem heute verabschiedeten Kommuniqué des Treffens heißt. Und das gemeinsame Statement buchstabiert auch gleich durch, was das heißt:

* die USA müssen Schritte zur Verbesserung ihrer nationalen Ersparnisse unternehmen, darunter zur weiteren Haushaltskonsolidierung;
* die Europäer müssen ihr Binnenwachstum stärken;
* die Japaner sollten weitere Strukturreformen durchführen und ihren Haushalt konsolidieren;
* im aufstrebenden Asien müßte über Reformen die Binnennachfrage gestärkt und „in einer Reihe von Überschußländern“ eine höhere Wechselkursflexibilität erreicht werden;
* und schließlich sollten die ölproduzierenden Länder ihre Ausgaben steigern.

Nur ein Punkt dieses Aufgabenkatalogs bezieht sich auf die Pflichten derjenigen, die im Vorfeld hart angegangen wurden, als müßten sie allein die Lasten der Anpassung auf sich nehmen, also vor allem China. Vergleicht man das G20-Kommuniqué mit den Ergebnissen des letzten G7-Treffens (>>> G7: Druck auf China, Laissez-faire beim Dollar, Hedgefonds Fehlanzeige), so zeigt sich: Wenn der „neue Süden“ mit am Tisch sitzt, kommt etwas anderes heraus, als wenn die „großen Sieben“ (die längst nicht mehr „die Größten“ sind) unter sich bleiben. Die Umsetzung freilich steht auf einem anderen Blatt: Hier kann niemanden die anderen zwingen; hier ist politischer Wille gefragt.

16. November 2007

G20-Treffen bei Kapstadt: China-Bashing oder Währungskooperation?

Zielgerichtet haben die Triadenmächte USA, Europa und Japan in dieser Woche den öffentlichen Druck auf China erhöht, um das Schwellenland bei dem am Wochenende stattfindenden G20-Treffen in Kleinmond bei Kapstadt/Südafrika zur Aufwertung seiner Währung zu bewegen. Das Thema „globale Ungleichgewichte“ steht ganz oben auf der Tagesordnung. Doch substanzielle Ergebnisse sind von den Finanzministern und Zentralbankpräsidenten aus den 20 wirtschaftlich stärksten Ländern der Welt nicht zu erwarten, nicht zuletzt weil die Chinesen so nicht mit sich umspringen lassen. Das schon im Vorfeld sichtbare „China-Bashing“ erfüllt denn wohl auch eher die Funktion, über die Unfähigkeit der Triade hinwegzutäuschen, eine kooperative Währungspolitik zu entwickeln, die den Abwärtstrend des Dollars in halbwegs geordneten Bahnen verlaufen läßt.

Dabei wären die G20 eine fast ideale Plattform zur Entwicklung der überfälligen Reform des internationalen Währungssystems. Denn dort sitzen gleichberechtigt alle führenden Schwellenländer mit am Tisch. Dort sind die wichtigsten Überschuß- und Defizitländer versammelt, die für eine Anpassung der Währungen an die geänderten internationalen Kräfteverhältnisse gebraucht werden. Aber diesem Ansatz ist nicht gedient, wenn die alten Industrieländer sich nur zusammentun, wenn es darum geht, die Newcomer unter Druck zu setzen.

Dringend wären auch Schritte, die Position der Entwicklungs- und Schwellenländer in den formellen Institutionen der Weltwirtschaft, z.B. im IWF, zu verbessern. Das Thema „Reform der Bretton-Woods-Institutionen“ steht im Arbeitsprogramm des Gastgeberlandes Südafrika ganz oben. Allerdings dürfte es angesichts des Gerangels um die Währungen in der Prioritätenliste deutlich nach unten rutschen. Und: Auch hier sind kaum Ergebnisse zu erwarten, die dem stockenden Prozeß bei IWF und Weltbank (s. Blogeinträge vom Oktober aus Washington) neue Schubkraft geben könnten. Im Vorfeld durchgesickert ist ein Vorschlag der G20-Troika (aus Brasilien, Südafrika und Australien), nach dem sich die Stimmverhältnisse im IWF um ganze 2-3% zugunsten der Entwicklungsländer verschieben würden – eine Vorlage für den den neuen IWF-Geschäftsführer Dominique Strauss-Kahn, der in Kapstadt erstmals mit am Tisch der G20 sitzen wird. Der „Reformdirektor“ könnte dort klarmachen, daß solche Trippelschritte nicht ausreichend sind, um Relevanz und Legitimität des Fonds wiederherzustellen. Er könnte den Europäern ins Gewissen reden, freiwillig mehr Macht abzutreten, und die Entwicklungsländer ermutigen, energischer mehr Macht zu fordern. Eine erste Nagelprobe also, wie ernst die Reformrhetorik des „Frenchman“ gemeint ist.

Zur Währungspolitik bei W&E:
>>> Wer hat Angst vor dem fallenden Dollar (Mark Weisbrot)
>>> Paradoxien zwischen Euro, Dollar, Yen und Renminbi (Birgit Mahnkopf/Elmar Altvater)

9. November 2007

Deutsche Entwicklungshilfe: Traurige Berliner Wirklichkeit

In dieser Woche haben die Deutsche Welthungerhilfe und terre des hommes wieder ihren Bericht zur Wirklichkeit der Entwicklungshilfe vorgestellt. Der 15. Bericht bekräftigt die Kritik, daß die deutsche Hilfe (durch Einbeziehung der Schuldenerlasse und der Studienplatzkosten für Ausländer an deutschen Unis) künstlich hochgerechnet wird. Gefordert wird eine ehrlichere Statistik und ein Stufenplan zur Erhöhung der öffentlichen Leistungen, um das 0,7-%-Ziel pünktlich bis 2015 erreichen zu können. Die von der Bundeskanzlerin auf dem G8-Gipfel in Heiligendamm angekündigten zusätzlichen Entwicklungshilfe-Gelder in Höhe von 750 Millionen Euro fänden sich zwar in den Haushaltsplanungen für 2008 wieder, doch die weitere Finanzplanung des Bundes geht von einer Fortschreibung dieser Summe aus. Ohne weitere Steigerungen werde die Bundesregierung nicht einmal die Verpflichtungen der EU-Länder bis 2010 erreichen, sagte Peter Mucke, Geschäftsführender Vorstand von terre des hommes, bei der Vorstellung des Berichts in Berlin.

Das stimmt. Ebenfalls in dieser Woche hat der Haushaltsausschuß des Bundestags den neuen BMZ-Haushalt (Einzelplan 23) abgesegnet, der 2008 auf 5,16 Mrd. € ansteigen wird. Zusätzlich eingetrübt wird das Bild aber dadurch, daß es deutsche Parlamentarier offensichtlich nicht lassen können, Duftmarken ihrer eigenen Engstirnigkeit in solchen Beschlüssen zu hinterlassen. Auf Antrag der Koalitionsfraktionen CDU/CSU und SPD wurde u.a. der Ansatz für die bilaterale finanzielle Zusammenarbeit um 18,7 Mio. € auf 1,41 Mrd. € gesenkt und beim Beitrag zum Europäischen Entwicklungsfonds sollen 13 Mio. € eingespart werden. Dafür sollen somit im kommenden Jahr noch 770 Mio. € zur Verfügung stehen. Eine Million Euro soll eingespart werden beim freiwilligen Beitrag an die Vereinten Nationen. Diese sollen noch 312,29 Mio. € betragen. Mehr ausgegeben werden soll hingegen unter anderem im Bereich der bilateralen technischen Zusammenarbeit. Hier sollen die Ausgaben um 20 Millionen Euro auf 730 Mio. € steigen.

Da stellt sich nicht nur die Frage nach den ungenügenden Steigerungssätzen der deutschen Hilfe, sondern auch die nach ihrer Verwendung: Müssen wir eigentlich immer mehr Geld für hochbezahlte, meiste deutsche „Experten“ ausgeben und immer weniger Finanzmittel über die UNO oder die EU laufen lassen?

8. November 2007

EIB als schwächstes Glied in europäischer EZ gebrandmarkt

Anläßlich der europäischen Entwicklungstage in Lissabon sorgen sich NGOs darüber, daß die Bedeutung der Europäischen Entwicklungsbank (EIB) wächst, obwohl ihre Umwelt- und Sozialstandards nach wie vor unzureichend sind. Magda Stoczkiewicz, der Koordinatorin des CEE Bankwatch Netzwerks zufolge, wird die EIB zum größten multilateralen Geldgeber in Entwicklungsländern. Im Vergleich zu anderen Gebern ließen ihre Umwelt- und Sozialstandards jedoch sehr zu wünschen übrig. Die EIB müsse starke Umwelt-, Sozial- und Menschenrechtsstandards für ihre Aktivitäten in Entwicklungsländern erarbeiten, statt dort die „Unterstützerbank für europäische Konzerne“ zu sein.

Ein neuer Bericht, der vom International Rivers Network (IRN) im Auftrag von CEE Bankwatch geschrieben wurde, zeigt, wie Großstaudämme, die die EIB finanziert hat, der lokalen Bevölkerung und der Umwelt Schaden zufügen, statt der Entwicklung zu nutzen. Der Bericht, Raising the bar on big dams: Making the case for dam policy reform at the European Investment Bank, schildert fünf umstrittene Dammprojekte in Afrika und eines in Laos, zu deren Finanzierung die EIB beigetragen hat. Er zeigt, daß die EIB trotz vager Bezugnahme auf die Empfehlungen der Weltstaudammkommission (WCD) keine Sektorpolitik für Staudämme hat. Eine zentrale Empfehlung des Berichts ist deshalb eine bessere Analyse aller Optionen für den Energie- und Wasserbedarf eines Landes vor der Entscheidung für den Bau eines Staudamms. Lori Pottinger, Afrika-Programmdirektorin beim IRN, sagt: “Unser Bericht zeigt, daß die EIB mehr als 400 Mio. € in Projekte investiert hat, die große Folgekosten für die Länder hatten, in denen sie realisiert wurde. Die von der EIB unterstützen Dämme haben zum Artensterben beigetragen, die Armut der Menschen verschlimmert, die umsiedeln mußten, sie bedrohen kritische Ökosysteme, von denen Millionen leben und sie haben die Verschuldung der Länder verschlimmert. Statt jedoch dazu zu lernen, will die EIB in weitere Dämme von Äthopien bis Kongo investieren."

Ein ähnliches Bild zeigt eine Studie zur Rolle der EIB in afrikanischen Bergbauprojekten, die Friends oft he Earth Frankreich veröffentlicht hat. Nach dem Report, EIB: six years financing the plundering of Africa, hat die EIB zwischen 2000 und 2006 über 364 Mio. € in Bergbauprojekte investiert und seit Beginn 2007 schon über 300 Mio. € in zwei riesige Bergbauprojekte in Madagaskar und der Demokratischen Republik Kongo. Während der Beitrag von Bergbau zur Armutsbekämpfung sehr kontrovers gesehen wird, sind seine zerstörerischen Konsequenzen auf Umwelt und Lokalbevölkerung immer wieder gut dokumentiert worden.

6. November 2007

Klimaschutz auf EU-Ebene: Halbherzige Einbeziehung des Flugverkehrs

Auf europäischer Ebene wird derzeit über die Einbeziehung des Flugverkehrs in den Emissionshandel diskutiert und eine Einigung in erster Lesung bis Ende November angestrebt. In der deutschen Bundesregierung zeichnet sich derzeit eine Position ab, die weit hinter den Beschlüssen des EU-Umweltausschusses vom 2. Oktober zurückzubleiben droht. Dies stellt nach Auffassung von Germanwatch, des BUND, des Verkehrsclubs Deutschland (VCD), des WWF und des DNR die klimapolitische Glaubwürdigkeit der Bundesregierung in Frage.

Klaus Milke von Germanwatch betrachtet die Einbeziehung des Flugverkehrs in das System des Europäischen Emissionshandels als für die Glaubwürdigkeit der EU wichtiges klimapolitisches Gesetzesvorhaben. Angelika Zahrnt vom BUND verweist auf neue Studien, die zeigen, daß sich die Welt auf einem Emissionstrend befinde, der noch jenseits der "Worst-case-Szenarien" des UN-Klimarates IPCC liege. Monika Ganseforth vom Verkehrsclub Deutschland (VCD) fordert, daß alle Klimawirkungen des Flugverkehrs einbezogen werden, nicht nur CO2. Juliette de Grandpré, Emissionshandelsexpertin beim WWF, hebt hervor, das Instrument des Emissionshandels biete den Fluglinien immer noch eine große Flexibilität, die Auswirkungen auf die Ticketpreise werden marginal sein. Zudem müßten die Zertifikate zu 100% versteigert werden. Dies sehen auch viele Wirtschaftswissenschaftler als transparenteste und effizienteste Methode zur Verteilung der Zertifikate. Als weitere Maßnahme sollte europaweit eine Kerosinsteuer eingeführt werden.

Die fünf Verbände unterstützen zudem den Vorschlag der EU-Kommission, die Einnahmen aus der Versteigerung für weiteren Klimaschutz und auch für Maßnahmen zur Anpassung an die negativen Konsequenzen des Klimawandels zu verwenden, insbesondere in den besonders betroffenen Entwicklungsländern. Dies wäre ein wichtiges Signal vor den anstehenden UN-Klimaverhandlungen in Bali, um gemeinsam mit den Entwicklungsländern Strategien für ein faires und gerechtes Klimaabkommen für die zweite Verpflichtungsperiode des Kyoto-Protokolls zu entwickeln.

Alle fünf Organisationen sind Mitglieder der Klima-Allianz und beteiligen sich an der Mobilisierung zum Klimaaktionstag am 8.12. in Berlin und am Kraftwerksstandort Neurath: http://www.die-klima-allianz.de.