21. Oktober 2007

IWF-Reform: Hinterläßt Rato dem Fonds einen Rohrkrepierer?

(Washington) Rodrigo de Ratos IWF-Reformen drohen zum Rohrkrepierer zu werden. Die Europäer weigern sich, Abstriche an ihrer überbewerteten Position im IWF hinzunehmen, und die USA sind nicht ernsthaft daran interessiert, den ärmsten Ländern im Fonds mehr Mitsprache einzuräumen. Das wurde gestern deutlich, nachdem der Wirtschafts- und Finanzausschuß des IWF (IMFC), das strategische Steuerungsorgan des Fonds, getagt hatte. Der frisch gebackene IMFC-Vorsitzende, der italienische Wirtschafts- und Finanzminister Tommaso Padoa-Schioppa (auf dem Photo rechts von de Rato), beschwor auf einer anschließenden Pressekonferenz zwar die Verdienste de Ratos. Er sei der Architekt der Mittelfristigen Strategie des Fonds, und habe den Finanzsektor als Arbeitsfeld des Fonds aufgewertet, die Aufwertung der Schwellen- und Entwicklungsländer in den Entscheidungsprozessen angestoßen, eine „multilaterale Surveillance“ eingeführt und eine neues Einkommensmodell für den IWF auf den Weg gebracht, zitierte er aus dem Kommuniqué. Doch bei näherem Hinsehen sind alle diese „Reformen“ unvollendete Baustellen. Ratos Nachfolger Strauss-Kahn (unten mit de Rato) wird hart arbeiten müssen, um das Steuer herumzureißen.

Bestes Beispiel dafür ist die vielzitierte Stimmrechtsreform im Rahmen der gegenwärtigen Quotenüberprüfung. Hier hatte die IWF-Spitze entscheidende Annäherungsprozesse für die Herbsttagung vorausgesagt. Die jetzt gefundenen Formulierungen im Kommuniqué überdecken jedoch fortbestehende Gegensätze nur mühsam. So wird von einer Verdoppelung der Basisstimmrechte gesprochen, eine Quotenerhöhung „in der Größenordnung von 10%“ ins Auge gefaßt und bei der Neubestimmung der Formel, nach der die Stimmrechte errechnet werden, soll künftig das Bruttoinlandsprodukt (BIP) zu Marktpreisen die entscheidende Größe bleiben, aber auch die Größe nach Kaufkraftparität (PPP) „berücksichtigt“ werden. Zum Vergleich: Die Entwicklungsländer fordern eine Verdreifachung der Basisstimmrechte, damit die ärmsten Länder bei der Neuverteilung des Einflusses nicht leer ausgehen, und sehen die Bedeutung von BIP und PPP für die Quotenformel genau andersherum. Und eine Begrenzung der Quotenaufstockung auf 10% läuft unter dem Strich darauf hinaus, daß die Industrieländer insgesamt an Entwicklungs- und Schwellenländer gerade mal 2% der Stimmrechte abgeben.

Ganz ähnlich ist es bei dem zweiten Bereich, der die Diskussion im IMFC heute geprägt hat, den Konsequenzen aus den jüngsten Turbulenzen auf den Finanzmärkten und der Anpassung der globalen Ungleichgewichte. Da der Dollarpreis „marktbestimmt“ (de Rato) ist, wird eine Intervention des IWF von vorneherein ausgeschlossen. Auch in anderen Punkten, etwa beim Umgang mit den explodierenden Derivaten, geht der IWF-Steuerungsausschuß nicht über die von den G7 gezogenen Grenzen hinaus (s. vorstehender Eintrag). Auch hier wird erst mal auf eine vertiefte Analyse der neuen Herausforderungen gesetzt statt zu handeln. Immerhin haben die Mitglieder des hohen Gremiums ein paar Punkte in das Kommuniqué geschrieben, die geklärt werden sollen: das Risikomanagement bei komplexen strukturierten Produkten, die Bewertung und Buchführung außerbilanzlicher Finanzinstrumente, die Rolle der Rating-Agenturen und die Grundprinzipien, die von den Aufsichtsbehörden angewendet werden sollen. Vielleicht werden die Analysen, die bis zum Frühjahr vorliegen sollen, ja ganz gut. Aber ob dann praktische Konsequenzen gezogen werden, dafür mag heute niemand seine Hand ins Feuer legen.

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