7. Juli 2007

Halbzeit der Millenniumsziele: Tödliche Baustellen der Globalisierung

Zur heutigen MDG-Halbzeit fehlt es nicht an wohlfeilen Stellungsnahmen und Berichten. Von der UN bis zum Economist sind sich so ziemlich alle einig, daß mehr öffentliche Entwicklungshilfe notwendig ist, wenn die 2000 beschlossenen Ziele bis zum Jahr 2015 erreicht werden sollen. Ein Beispiel: Wenn die Regierungen in Nord und Süd ihre Anstrengungen nicht erhöhen, werde das Ziel „Bildung für alle“ in rund 67 Staaten verfehlt, warnt die Globale Bildungskampagne. Für die jetzt angepfiffene zweite Halbzeit könne die Devise nur lauten: „Aufholen, einholen, überholen!“, schreibt der entwicklungspolitische Dachverband VENRO im Stile der sowjetischen Propaganda der 1960er Jahre. Unter den zahlreichen Berichten sticht eine Studie des Global Policy Forum Europe hervor, die nicht nur die unzureichende Umsetzung der MDGs in der ersten Halbzeit bilanziert, sondern konkrete Zielsetzungen für die zweite Halbzeit nennt, die teilweise über den derzeitigen MDG-Kanon hinaus weisen.

Besonders erbost sind viele Aktivisten darüber, daß die G8 sich auf ihrem Heiligendamm-Gipfel benahe stillschweigend von dem vor zwei Jahren in Gleneagles formulierten Ziel der universellen Versorgung mit Anti-AIDS-Medikamenten distanzierten und die Zahl derer, die in den nächsten fünf Jahren versorgt werden sollen, von zehn auf fünf Milliarden reduzierten. Wie gering der Ertrag dieses Gipfels auch auf anderen Gebieten war, zeigt die neue Ausgabe des Informationsbriefs Weltwirtschaft & Entwicklung (>>> W&E 06-07/2007; s. Abb.). Die Welt nach Heiligendamm ist geprägt von „Dauerbaustellen der Globalisierung“, zu deren Fertigstellung der G8-Gipfel keinen Beitrag geleistet hat. Sie reichen von den archaischen Methoden, nach denen Weltbank und IWF nach wie vor ihre Führungsämter besetzen, über die WTO, die bis heute keinen Mechanismus gefunden hat, durch den die Mehrheit der Mitgliedsländer adäquat in Verhandlungen repräsentiert werden, bis hin zu den Vereinten Nationen.

Der UN-Wirtschafts- und Sozialrat (ECOSOC) hätte in der letzten Woche in Genf eigentlich die erste Annual Ministerial Review der MDGs durchführen sollen, ging aber fast ohne die Teilnahme von Ministern über die Bühne. Statt dessen feierte UN-Generalsekretär Ban Ki-Moon auf dem Global Compact Leaders Summit das neue Bündnis mit den Wirtschaftsführern. Weder die „Ministerial Review“ noch der Global Compact wollten sich zu rechtebasierten Ansätzen bekennen. Statt auf das Recht auf Nahrung zu pochen, formulierten die Teilnehmer der „Ministerial Review“ vage ihre Bereitschaft, „Schritte zu unternehmen und Ressourcen einzusetzen, um den Hunger auszurotten“. Im Global Compact gilt die Unverbindlichkeit ohnehin als oberstes Prinzip. „Was wir in Bezug auf die Menschenrechte brauchen“, erklärte ActionAid International, „sind rechtlich bindende Bestimmungen zur Kontrolle der Konzernaktivitäten.“

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